Der Papst wird beerdigt, und Bextra auch.
Der US-amerikanische Pharma-Gigant Pfizer stellt den Verkauf seines Rheuma-Medikaments Bextra ein.
Es ist gut, daß ich morgens beim Frühstück meine Tageszeitung lese. Deshalb weiß ich seit ein paar Minuten, daß sich der US-amerikanische Pharma-Gigant Pfizer entschlossen hat, sein Rheuma-Medikament Bextra nicht mehr zu verkaufen. Es ist wie immer: Als erstes erfährt es die Börse, dann die Presse, dann alle Welt, dann erfahren es vielleicht auch die Patienten, und die Ärzte zuletzt. Wofür auch? Wir leben in einer Welt des shareholder value, und da muß der Aktionär bedient werden, nicht der Kunde. Also werde ich gleich in der Praxis sehr viele Anrufe bekommen, und wieder werden sehr viele Patienten verunsichert sein und denken, daß ihre Ärzte ihnen mit Bextra nicht helfen wollten, sondern versucht haben, sie damit umzubringen. Und ähnlich wie bei Vioxx werde ich heute morgen wenig dazu sagen können. Vielleicht: Lesen Sie die Rheinische Post. Viel mehr weiß ich auch nicht. Immerhin bin ich dabei, mich zu informieren. Glücklicherweise gibt es das Internet. www.bextra.com, die deutsche Homepage von Pfizer zu Bextra: Nur zu erreichen mit Passwort von DocCheck für medizinisches Fachpersonal. Glücklicherweise habe ich mein Passwort nicht vergessen und bekomme freien Zugang. Aha, es gibt news. Klick: Da sind wir. Die letzte Aktualisierung der Page ist vom 14.03.2005. Die Nachricht: Was zu Atemwegen (ich weiß nicht, ob ich den Titel des Beitrages hier zitieren darf). Jedenfalls nichts zu Bextra. Wahrscheinlich ist die deutsche Pfizer-Zweigstelle von der amerikanischen Zentrale ebenso überrascht worden wie der deutsche Arzt. Also weiter. www.bextra.com. Da steht es dann. Am 7. April hat die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA Pfizer aufgefordert, den Verkauf von Bextra in den Vereinigten Staaten einzustellen. Die FDA hat wohl bedeutsame Veränderungen für alle cortisonfreien Entzündungshemmer (nicht-steroidalen Antirheumatika, NSAR) angekündigt, sowohl für rezeptfreie als auch rezeptpflichtige. Insbesondere werden Informationen zur Arzneimittelsicherheit dieser Substanzen eingefordert einschließlich von Informationen im Hinblick auf das Herz-Kreislauf-Risiko („kardiovaskuläres Risiko“), das Risiko im Bereich des Magen-Darm-Traktes („gastrointestinales Risiko“) und des Risikos im Bereich der Haut.
Die FDA begründet ihre Entscheidung mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko für alle verschreibungspflichtigen NSAR und zusätzlich eines erhöhten Risikos für Bextra, was eine erhöhte Rate an zwar seltenen, aber ernsthaften Hautreaktionen angeht. Auf diese Kombination von Risiken geht offensichtlich die Forderung zurück, den Verkauf von Bextra einzustellen.
Mehr ist im Augenblick auf die Schnelle nicht zu erfahren. rheuma-online bleibt aber dran und wird weiter recherchieren und berichten.
Unser Glück: Die Bild-Zeitung bringt die Beerdigung von Bextra nicht auf die erste Seite, da sie für die Beerdigung des Papstes reserviert ist. Ein Schelm, der sich etwas dabei denkt, daß die Beerdigung von Bextra im Schatten des größten Medienereignisses 2005 erfolgt. Daß die beiden Ereignisse zusammenfallen, ist natürlich purer Zufall. Schade eigentlich für Pfizer. Bextra war ein gutes Medikament, das weltweit vielen Menschen gut geholfen hat und was auch gut verträglich war. Sein Tod hätte mehr Aufmerksamkeit verdient.
Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer