Debatte um Arzthonorare auf dem DGRh-Kongress
Kontrovers diskutiert wurde in der vergangenen Woche auf der Veranstaltung "Mehr Zeit für Patienten! Gegen Minutenmedizin und Selbstausbeutung." Der DGRh-Kongress lud sein Fachpublikum zu einer Diskussionsrunde, die aufgrund der aktuellen Debatte um Arzthonorare viel Zündstoff enthielt. Als Gesprächspartner für die Mediziner nahmen auf dem Podium unter anderem Vertreter aus Politik und Gesundheitswesen Platz.
Arif Ünal, Abgeordneter des Nordrhein-Westfälischen Landtags (Bündnis 90/Die Grünen), NRW-Chef der Krankenkasse Barmer-GEK, Heiner Beckmann, Internistin Dr. Marianne Koch, die Rheumatologen Dr. Susanna Späthling-Mestekemper (München) und Prof. Dr. Christof Specker (Essen) und die Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga, Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle (Berlin) waren nach Bochum gekommen, um mit den Kongress-Besuchern in Dialog zu treten.
Eigentlich sollte an diesem Freitagnachmittag ein Austausch darüber stattfinden, wie Ärzte ein ausgewogenes Verhältnis herstellen zwischen Patientenversorgung und rentabler Praxisführung, doch Moderator Werner Buchberger leitete die Diskussion schnell auf den aktuellen Konflikt, der aktuell zwischen Ärzteverbänden und Krankenkassenverbänden schwelt und der am 4. Oktober in die nächste Runde geht.
Die erste Äußerung aus dem Plenum machte jedoch deutlich, dass mancher Mediziner nicht das Problem bei den Krankenkassen sieht sondern eher in der Verteilung der Gelder in der Medizin. Das Problem: Die Rheuma-Therapie ist sehr zeitaufwändig, eine Viertelstunde Sprechzeit reicht oft nicht aus aufgrund der Vielschichtigkeit der Erkrankung und der damit verbundenen beratungsintensiven Tätigkeit. Pro Patient und Termin hat der Mediziner im Schnitt nur 15 Minuten Sprechzeit zur Verfügung. Wenn er rentabel arbeiten möchte, der muss im Praxisalltag einen strikten Zeitplan einhalten. Trotzdem warten Patienten manchmal zwei bis drei Monate auf einen Termin.
Oft können Ärzte von ihrem Umsatz gerade einmal ihre Existenz und die ihrer Praxis sichern, wie die Äußerungen des Publikums verdeutlichten. Specker spitzt das Problem zu: "Der Rheumatologe wird bestraft, wenn er sich Zeit nimmt. 15 Minuten sind schon defizitär." Dies wirft unter den Anwesenden die Frage auf, ob es Sinn mache, die Ärzte nach Sprechzeiten zu bezahlen. Doch diese Vorgehensweise würde möglicherweise neue Probleme schaffen. Die Befürchtung der Mediziner: "Dann gäbe es sehr viele. Die sehr viel und sehr lange reden den ganzen Tag."
Die nächste Stimme aus dem Publikum appellierte, auch Sicht der Patienten in die Überlegungen einzubeziehen: "Wichtig ist, wie der Patient das Gesundheitssystem bewertet." Nach Aussage der Zuhörerin notieren sich die Patienten vor dem Arztbesuch die wichtigsten Stichpunkte, um aufgrund der begrenzten Zeit annähernd die wichtigsten Fragen zu erläutern. Dies sei ein Gefühl "wie auf heißen Kohlen." Zum Ende ihres Beitrags richtet die Teilnehmerin einen Appell an die Kassen: "Nehmt die Patienten mit ins Boot."
Auch eine Rechnungseinsicht für die Patienten wurde erörtert. Problematisch ist dies jedoch insofern, dass Patienten die Rechnung aufgrund mangelnder Fachkenntnis nur begrenzt beurteilen könnten. Späthling-Mestekemper resümiert abschließend: "Möglichkeit des Misserfolges ist immer gegeben, aber wenn wir es nicht versuchen, dann wird sich nie was ändern." Auch Beckmann setzt sich für eine Fortführung der Diskussion ein: "Wir können Brücken bauen." Die Teilnehmer auf dem Podium willigen daher zum Ende der Diskussion ein, sich auf dem DGRh-Kongress 2013 wieder an einen Tisch zu setzen, um erneut für Verbesserungen für die Situation der Rheumatologen einzutreten.
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