TNF-alpha-Blocker: Alle gleich? Oder gibt es Unterschiede?
Eine Arbeitsgruppe aus den USA hat eine gründliche Literaturrecherche durchgeführt und gefunden: Es bestehen signifikante Unterschiede hinsichtlich der Kinetik und des Wirkmechanismus zwischen den beiden TNF-Blocker- Kategorien. Der Artikel ist bedeutsam vor dem Hintergrund, dass der aktuell vom G-BA verabschiedete Therapiehinweis den Eindruck erweckt, alle TNF-alpha-Blocker wären gleich.
Die zur Zeit für die Therapie verfügbaren TNF-alpha Antagonisten – wirksame Biologica zur Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA) - kann man in zwei Kategorien einteilen:
Etanercept ist ein löslicher TNF-Rezeptor, während Infliximab und Adalimumab monoklonale Antikörper gegen den Tumor Nekrose Faktor darstellen.
Diese Substanzen werden im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für granulomatöse Infektionen, wie Tuberkulose und Histoplasmose gesehen.
Aufgrund einiger Berichte geht man davon aus, dass das Risiko für diese Infektionen unter Etanercept geringer ist als für Infliximab.
Methodik:
Eine Arbeitsgruppe aus New Jersey und Kalifornien führte eine umfassende Literaturrecherche (1966 – 2004) durch: Zur Rolle, die TNF bei gesunden und bei kranken Individuen spielt und zum Wirkmechanismus der TNF-Blocker.
Ein besonderes Augenmerk wurde auf die möglichen Mechanismen für das offensichtliche Ansteigen der granulomatösen Infektionen unter TNF-Antagonisten gelegt.
Zweites Suchkriterium waren Argumente für eventuelle Unterschiede zwischen den TNF-Blockern.
Ergebnisse:
Es bestand eine Reihe von Unterschieden zwischen Etanercept, Infliximab und Adalimumab.
Zunächst einmal sind die Bindungsaviditäten unterschiedlich. Etanercept bindet in einem Verhältnis von 1:1 und Adalimumab und Infliximab in einem Verhältnis von 2-3:1.
Zweitens sind die Clearance-Raten für die drei Substanzen verschieden: Für Etanercept ist sie 13-mal höher als für die beiden monoklonalen Antikörper, was für letztere zu einem höheren Steady-State führt.
Bedingt durch die unterschiedlichen Applikationswege resultieren für das subkutan applizierten Etanercept und Adalimumab niedrigere Peak-Konzentrationen als für das intravenös verabreichte Infliximab. – Eine Tatsache, die möglicherweise einige der Unterschiede bei der Granulombildung erklärt.
Drittens haben Infliximab und Adalimumab einen etwas anderen Wirkmechanismus als Etanercept: Infliximab und Adalimumab gehen mit einer Antikörper-vermittelten Zelllyse einher, was bei Etanercept nicht der Fall ist.
Infliximab kann in einigen Geweben (z. B. gastrointestinale Mukosa) eine Apoptose induzieren, was bei Etanercept zumindest in der gastrointestinalen Mukosa ebenfalls nicht zutrifft. Denn, in der Synovialis scheinen sowohl Infliximab wie auch Etanercapet im Steady State eine Apoptose zu verursachen.
Etanercept bindet an Lymphotoxin-alpha, während Infliximab dies nicht tut. Etanercept ist daher möglicherweise bei der Prävention der Granulombildung effektiver als Infliximab.
Und abschließend: Adalimumab und Infliximab hemmen wohl die Interferon-gamma-Expression, während dies für Etanercept nicht zutrifft.
Schlussfolgerung:
Es bestehen signifikante Unterschiede hinsichtlich der Kinetik und des Wirkmechanismus zwischen den beiden TNF-Blocker Kategorien. Diese Unterscheidungszeichen erklären eventuell die ersichtlich unter-schiedlichen Inzidenzen für die mit Granulombildung einhergehenden Infektionen.
Kommentar von Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer:
Der Artikel ist bedeutsam vor dem Hintergrund, daß der aktuell vom G-BA verabschiedete Therapiehinweis den Eindruck erweckt, alle TNF-alpha-Blocker wären gleich. Dies ist natürlich nicht der Fall, sonst gäbe es beispielsweise keine Wirksamkeit eines zweiten TNF-alpha-Blockers nach Unwirksamkeit eines ersten, was aber mittlerweile durch eine größere Zahl von Studien belegt ist.
Die vorliegende Arbeit fokussiert auf die Unterschiede bei der Therapiesicherheit und liefert damit weitere wesentliche Argumente für die medizinisch indizierte und nicht ökonomisch orientierte Auswahl eines einzelnen Präparats bei einem individuellen Patienten.
Man sollte sich insofern diese Referenz zu den übrigen Literaturbelegen hinzusortieren, die man als vorausschauender Rheumatologe bereits jetzt für den Fall der Fälle im Regal stehen hat bzw. in einer Computerdatei gesammelt hat, d.h. für mögliche Diskussionen um die Sinnhaftigkeit von teuren Therapien und um die damit verbundene Auseinandersetzung um die Wirtschaftlichkeit von wirksamen Behandlungen.
Quelle und Link zum Abstract:
Tumor Necrosis Factor Antagonists: Different Kinetics and/or Mechanisms of Action May Explain Differences in the Risk for Developing Granulomatous Infection
Daniel E. Furst, Robert Wallis MD, Michael Broder MD and David O. Beenhouwer MD
Seminars in Arthritis and Rheumatism
Volume 36, Issue 3 , December 2006, Pages 159-167
Informationen zum unterschiedlichen Wirkmechanismus der TNF-alpha-Blocker:
Welche TNF-alpha-Blocker stehen heute für die Therapie zur Verfügung?
Was ist ein löslicher TNF-alpha-Rezeptor?
Siehe auch:
Mehr vom ACR 2006 - TNF-alpha-Blocker - Differentialindikationen