Cortison oder kein Cortison – Das ist die Frage
… der sich niederländische Forscher stellten. Die genaue Fragestellung: Führt bei einer beginnenden rheumatoiden Arthritis Methotrexat in Kombination mit Cortison mittelfristig zu besseren Ergebnissen als Methotrexat allein, oder ist die Kombination mit Cortison sogar ungünstiger? Die Antwort geben die 2-Jahres-Ergebnisse der CAMERA-II-Studie.
CAMERA-II ist die Nachfolgestudie der CAMERA-Studie (Computer Assisted Management in Early Rheumatoid Arthritis trial), die ein tight-control-Design mit einem computergestützten Monitoring-Programm kombiniert. Will heißen: Die Patienten werden sehr engmaschig rheumatologisch überwacht (monatliche Kontrollen), und ein Computerprogramm unterstützt die Behandler beim Einhalten von festgelegten Behandlungspfaden und dem Erreichen einer DAS-Remission als vorher definiertem Behandlungsziel.
In die CAMERA-II-Studie wurden 236 Patienten mit einer frühen rheumatoiden Arthritis (Krankheitsdauer unter einem Jahr) aufgenommen und nach dem Zufallsprinzip auf zwei Behandlungsarme aufgeteilt:
In dem einen Arm erfolgte die Therapie mit Methotrexat (MTX) plus Placebo, d.h. einem unwirksamen Scheinmedikament, im anderen Arm mit Methotrexat plus Cortison (Prednisolon 10 mg pro Tag). Ziel der Studie war die Frage, ob sich nach zwei Jahren Unterschiede bei der sogenannten radiologischen Progression zeigen würden, d.h. der im Röntgenbild sichtbaren entzündlichen Gelenkzerstörung.
Das Ergebnis: Die Kombination von MTX mit Cortison schützte mehr Patienten vor einer Gelenkdestruktion als MTX alleine, und im Fall einer radiologischen Progression war diese unter MTX plus Prednisolon geringer als unter MTX-Monotherapie. Die MTX-Cortison-Kombination war auch wirksamer in der Verringerung der Krankheitsaktivität und führte zu einer besseren Funktionskapazität, d.h. sie ging mit einer geringeren Beeinträchtigung bei Alltagsaktivitäten einher. Nicht zuletzt war es unter MTX plus Cortison auch seltener erforderlich, ein weiteres krankheitsmodifizierendes Medikament („DMARD“) einzusetzen (in der CAMERA-Studie war dafür Ciclosporin als Kombinationspartner von MTX vorgesehen). Auch eine Therapie mit Biologika war in der MTX-Prednisolon-Gruppe seltener erforderlich.
Fazit: Es macht nach den Ergebnissen der CAMERA-II-Studie bei einer frühen rheumatoiden Arthritis Sinn, beim Start einer MTX-Therapie Cortison dazu zu geben.
Kommentar von rheuma-online:
Die CAMERA-II-Studie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis wie die deutsche LDPT-Studie („Low Dose Prednisolon Trial“), die schon länger zurückliegt und eine krankheitsmodifizierende Therapie mit Methotrexat oder mit intramuskulärem Gold in Kombination mit niedrig-dosiertem Cortison untersuchte. Im Kontrollarm erhielten die Patienten MTX oder Gold ohne begleitendes Prednisolon. Die Prednisolondosis war allerdings mit 5 mg pro Tag nur halb so hoch wie in der CAMERA-II-Studie. Es ist nicht möglich, die beiden Studien 1:1 zu vergleichen, allerdings stellt sich vor dem Hintergrund der LDPT-Studie die Frage, ob die deutlich geringere und damit auch deutlich verträglichere / nebenwirkungsärmere Cortisondosis von 5 mg nicht ausreicht. Für die Praxis ist aber die Erkenntnis bedeutsam, daß man bei einer frühen rheumatoiden Arthritis eine MTX-Therapie in der Startphase überhaupt mit Cortison kombinieren sollte. Dies ist der Algorithmus, der dem Vorgehen des Düsseldorfer Modells entspricht und dort zu ebenfalls sehr überzeugenden Behandlungsergebnissen führt.
Referenzen:
CAMERA-Studie:
Intensive treatment with methotrexate in early rheumatoid arthritis: aiming for remission. Computer Assisted Management in Early Rheumatoid Arthritis (CAMERA, an open-label strategy trial). Verstappen SM, Jacobs JW, van der Veen MJ, Heurkens AH, Schenk Y, ter Borg EJ, Blaauw AA, Bijlsma JW; Utrecht Rheumatoid Arthritis Cohort study group. Ann Rheum Dis. 2007 Nov;66(11):1443-9. Epub 2007 May 22. Abstract Volltext
CAMERA-II:
Low-dose prednisone inclusion in a methotrexate-based, tight control strategy for early rheumatoid arthritis: a randomized trial. Bakker MF, Jacobs JW, Welsing PM, Verstappen SM, Tekstra J, Ton E, Geurts MA, van der Werf JH, van Albada-Kuipers GA, Jahangier-de Veen ZN, van der Veen MJ, Verhoef CM, Lafeber FP, Bijlsma JW; Utrecht Rheumatoid Arthritis Cohort Study Group. Ann Intern Med. 2012 Mar 6;156(5):329-39. doi: 10.7326/0003-4819-156-5-201203060-00004. Abstract
LDPT-Studie:
A dose of only 5 mg prednisolone daily retards radiographic progression in early rheumatoid arthritis - the Low-Dose Prednisolone Trial. Wassenberg S, Rau R, Zeidler H; Low-Dose Prednisolone Trail Group. Clin Exp Rheumatol. 2011 Sep-Oct;29(5 Suppl 68):S68-72. Epub 2011 Oct 21. Abstract
Düsseldorfer Modell:
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Posterpreis der DGRh für Düsseldorfer Modell: Beitrag in den rheuma-news
Ergebnisse des Düsseldorfer Modells:
Werner, SG, Lind-Albrecht, G, Langer HE Integrierte Versorgung der frühen Arthritis: 3-Jahres-Ergebnisse. 37. Kongreß der DGRh, Köln, 23.-26. September 2009, Poster EV.11, Z Rheumatol 68 Suppl 1: 1-104
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Reinhardt, L, Pfeil, A, Werner, SG, Langer, A, Lind-Albrecht, G, Mettler, S, Spiecker, F, Wiemann, O, Böttcher, J., Kerres, Th, Oelzner, P, Wolf G, Langer, HE: A risk-tailored strategy enables individualized stratification of care with improved outcome and appropriate allocation of limited resources – long-term results of a managed care model in early arthritis. Annual European Congress of Rheumatology (EULAR) 2013, Madrid, 12.-15. Juni 2013Ann Rheum Dis 2013;72(Suppl3):393