Computerarbeit: Fast jeder hat Nackenschmerzen - DGPMR: Einfache Übungen am Arbeitsplatz helfen
Jeder „Bildschirmarbeiter“, der mindestens die Hälfte seiner Arbeitszeit vor dem Monitor sitzt, klagt über körperliche Beschwerden. Wie die Deutsche Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation (DGPMR) mitteilt, leiden vier von fünf Befragten unter Nacken- und Schulterschmerzen. Weit verbreitet sind auch Rücken- und Kopfschmerzen sowie Probleme mit den Augen. Vor allem die Beschwerden, die im Zusammenhang mit der Halswirbelsäule auftreten, können nach Angaben der DGPMR mit regelmäßigen, auch im Büro selbstständig durchführbaren krankengymnastischen Übungen erheblich gelindert werden.
Computermaus, Tastatur und Monitor sind aus der modernen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Doch die permanente Dateneingabe, die den Job eigentlich erleichtern soll, hat auch ihre Tücken: Der Rücken schmerzt, vor allem Nacken und Schulter sind arg verspannt und lassen sich kaum noch normal bewegen. „Rückenschmerzen sind einer der häufigsten Gründe zur Krankschreibung in Deutschland“, sagt Dr. Anett Reißhauer von der DGPMR. „Und 90 Prozent der Rückenschmerzen sind auf Haltungsschäden und Fehlbelastungen der Wirbelsäule zurückzuführen.“
Besonders oft betroffen sind Büroangestellte, wie Reißhauer jetzt bei einer Untersuchung an der Berliner Charité festgestellt hat. Die sich ständig wiederholenden Bewegungen am Computer belasten Sehnen, Bänder und Gelenke über Gebühr. Dies führt zu Schmerzen an Schulter, Nacken, Kopf und Rücken, aber auch zu Schwierigkeiten mit der Sehschärfe. Von 264 Büroangestellten, die mindestens vier Stunden ihrer täglichen Arbeitszeit am Bildschirm verbringen, klagten tatsächlich alle über diese und ähnliche Beschwerden. Ein schlechter Aufbau des Arbeitsplatzes, ungenügende Lichtverhältnisse sowie langes Sitzen, wenig Bewegung und eine einseitige Tätigkeit machten die Befragten für ihre Probleme verantwortlich.
Rückengerechtes Arbeiten
Dabei gibt es bereits seit einigen Jahren Verordnungen des Arbeitsschutzes, die ein rückengerechtes Arbeiten ermöglichen sollen. Diese regeln etwa die Sitzhöhe, die Anordnung von Tisch und Monitor oder den Neigungswinkel der Tastatur. Doch bisher werden die vorbeugenden Maßnahmen nur unzureichend umgesetzt: Bei einer Stichprobe in einer Landesverwaltung entsprach von 60 Computerarbeitsplätzen lediglich einer den Vorschriften.
Auch mit dem Gang zum Arzt nehmen es die Betroffenen nicht so genau: „Es besteht eine hohe Diskrepanz zwischen der teils erheblichen Schmerzstärke und -dauer einerseits sowie der nur geringen Inanspruchnahme etwa von Physiotherapie andererseits“, sagt Dr. Reißhauer. Sie suchte mit ihrem Team und der Zentraleinrichtung für Hochschulsport der Berliner Humboldt-Uni 104 Patienten mit Schulter-Nacken-Beschwerden in ihren Büros auf und unterteilte sie in drei Gruppen. Die eine machte täglich 10 bis 15 Minuten gymnastische Übungen am Arbeitsplatz, die Dehnung, Lockerung, Anspannung und Kräftigung des Schulter-Nackenbereichs günstig beeinflussen sollten. Das Trainingsprogramm konnte im Sitzen durchgeführt werden und umfasste sechs einfache Übungen.
Bei einer zweiten Gruppe wurden Elektroden an speziellen Muskelgruppen angebracht, die die Stärke der Anspannung messen und für den Patienten auf einem kleinen Gerät sichtbar machen können. Bei diesem so genannten Biofeedbackverfahren lernen Patienten, bewusst das Ausmaß der Spannung zu regulieren. Die dritte Gruppe war eine unbehandelte Kontrollgruppe.
Übungen helfen
Nach sieben Wochen stellte sich heraus, dass beide Verfahren im Vergleich zur Kontrollgruppe sehr wirksam sind. Die Übungsbehandlung reduziert den Schmerz und erhöht die Beweglichkeit der Halswirbelsäule am besten, das Biofeedbackverfahren lindert die Muskelspannung am effektivsten.
„Wir haben das Übungsprogramm jetzt für jedermann verfügbar gemacht und eine CD angefertigt“, sagt Dr. Reißhauer. Diese ist als Vollversion ab dem 1.3.2004 unter www.zeh.hu-berlin.de/rueckenfit zu beziehen. Außerdem soll noch ein Bildschirmschoner entwickelt werden, der Computerarbeiter regelmäßig ans Üben erinnert. Mit diesen Maßnahmen, so die DGPMR, kann es gelingen, akute Nacken- und Schulterschmerzen schnell und wirksam zu bekämpfen und eine Chronifizierung der Beschwerden dauerhaft zu vermeiden.
Quelle: DGPMR, Presse-Service Physikalische Medizin und Rehabilitation, www.dgpmr.de