Biologika-Register in und außerhalb der Rheumatologie: Neue Langzeitergebnisse zu Wirksamkeit und Verträglichkeit
Frau Professor Dr. rer. pol. Angela Zink, Leiterin des Forschungsbereichs Epidemiologie, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Berlin, berichtete während der Vorab-Pressekonferenz anlässlich des 40. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) am Mittwoch, 12. September 2012, über die neuen Langzeitdaten zur Sicherheit und Verträglichkeit von Biologika auch bei nicht-rheumatologischen Erkrankungen:
In den vergangenen 13 Jahren haben die rheumatologischen Fachgesellschaften in verschiedenen europäischen Ländern unabhängige, von allen Biologika-Herstellern gemeinsam unterstützte Register aufgebaut. Ziel sind die langfristige Überwachung der Sicherheit der Medikamente unter Alltagsbedingungen, die Gewinnung von Wissen über sehr seltene Ereignisse und die Bewertung der Wirksamkeit bei unausgelesenen Patienten mit rheumatoider Arthritis.
Inzwischen liegen europaweit Daten zu mehr als 50 000 Patienten mit rheumatoider Arthritis vor. Wesentliche ausgewählte Ergebnisse sind:
Mortalitätsrisiko
Unter 9.108 Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), für die im deutschen Biologika-Register RABBIT insgesamt 31.972 Beobachtungsjahre vorlagen, wurden 451 Todesfälle beobachtet. Im Vergleich zur deutschen Normalbevölkerung entspricht dies einer standardisierten Mortalitätsrate (SMR) von 1,5 und liegt damit im Bereich dessen, was man für RA erwartet. Die kumulative Krankheitsaktivität (mittlerer DAS28 über die Zeit) war ein starker Prädiktor für vorzeitige Mortalität.
Während Frauen mit niedriger oder moderater Krankheitsaktivität (DAS28 <4,1) sogar eine niedrigere SMR hatten als die altersgleiche Normalbevölkerung und Männer etwa vergleichbare Raten, betrug die SMR 1,3 für Frauen und Männer mit moderat erhöhter Krankheitsaktivität (DAS28 4,15,1) und mehr als das Dreifache für Patienten mit lang anhaltend hoher Krankheitsaktivität.
Unter Kontrolle von Risikofaktoren und Therapie war die adjustierte Hazard-Rate 2,4 für Patienten, die lang anhaltend einen DAS28 >5,1 hatten, im Vergleich zu niedriger Krankheitsaktivität. Glucocorticoide von mehr als 10 mg/d verdoppelten das Risiko und >15 mg/d erhöhten das Risiko um den Faktor 3,6.
Krebsrisiko
Durch Zusammenführung mit dem bevölkerungsbezogenen Krebsregister konnte das schwedische Register ARTIS sehr belastbare Analysen zum Risiko für Lymphome und solide Tumoren vorlegen. In beiden Fällen wurde kein gegenüber anderen RA-Kranken erhöhtes Risiko für diejenigen gefunden, die mit TNF-Blockern behandelt wurden.
Eine zweite Frage ist, ob und nach welchem Zeitpunkt Patienten mit früheren Tumoren mit TNF-Blockern behandelt werden können. Sowohl das britische als auch das deutsche Register haben keine signifikante Risikoerhöhung für TNF-Blocker gegenüber synthetischen DMARDs gesehen. Jedoch war die Relation unterschiedlich: Das relative Risiko für TNF- Blocker war im britischen Register tendenziell verringert mit 0,58 [0,23-1,43], in RABBIT betrug es hingegen 1,4 (p = 0,60).
Die Zeitspanne zwischen Tumordiagnose und Beginn der Biologika- oder DMARD-Therapie war signifikant verschieden: TNF-Inhibitoren wurden in Großbritannien im Median nach 11,5, konventionelle DMARDs nach 8,5 Jahren eingesetzt, während dies in Deutschland im Median bereits nach vier beziehungsweise fünf Jahren erfolgte. Dieses unterschiedliche Vorgehen kann die Differenzen erklären.
Risiko für schwerwiegende Infektionen
Verschiedene Register haben gezeigt, dass das Risiko für schwerwiegende Infektionen unter Biologika gegenüber konventionellen DMARDs erhöht ist. Eine gemeinsame Beobachtung ist darüber hinaus, dass das relative Risiko zu Beginn einer Therapie (während der ersten drei bis sechs Monate) deutlich erhöht ist und danach abnimmt.
Ab dem zweiten Jahr der Behandlung ist kein nennenswert erhöhtes Risiko mehr festzustellen. Das deutsche Register RABBIT hat gezeigt, dass dieser Rückgang teilweise auf methodische Probleme von Kohortenstudien (selektiver Verlust von Risikopatienten), teilweise auf die Besserung des klinischen Bildes bei erfolgreicher Therapie und dadurch möglicher Reduktion der Glucocorticoid-Dosis zurückzuführen ist.
Zugleich wurden Risikofaktoren für schwerwiegende Infektionen (Alter, Ko-Morbidität, frühere Infektionen, Therapieverlauf, Komedikation) identifiziert, die es dem behandelnden Arzt ermöglichen, für individuelle Patienten zu jedem Zeitpunkt im Therapieverlauf das Infektionsrisiko zu berechnen. Der RABBIT-Risiko-Score für schwerwiegende Infektionen ist über die RABBIT-Website jedem Arzt zugänglich und erlaubt es, das individuelle Risiko eines Patienten zu berechnen. Damit werden Ergebnisse aus Registern direkt nützlich für die Therapieentscheidung und –Überwachung.
Quelle: Vortrag Professor Dr. rer. pol. Angela Zink, Leiterin des Forschungsbereichs Epidemiologie, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), BerlinVorab-Pressekonferenz anlässlich des 40. Kongresses der DeutschenGesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 12. September 2012, Berlin
Pressemitteilung
Kathrin Gießelmann / Christina Seddig
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Kongress-Pressestelle
40. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)mit der 26. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie und der 22. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie, 19. bis 22. September 2012, RuhrCongress Bochum