Biologicals – nur für therapieresistente RA?
Bei Patienten mit der Diagnose „Rheumatoide Arthritis" (RA) stellt sich dem Behandler immer die Frage, womit die Therapie begonnen werden sollte. Ist die Gruppe der Biologicals bereits eine Therapieoption von Beginn an? Oder sollten zunächst andere Möglichkeiten genutzt werden?
Zwischen 0,5 und 1% der Bevölkerung sind von rheumatoider Arthritis (RA) betroffen, wobei insbesondere Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren darunter leiden. Wenn die Behandlung nicht richtig oder zu spät durchgeführt wird, kommt es zu irreversiblen Schädigungen an den Gelenkstrukturen, schlimmstenfalls ist Invalidität zu befürchten. Da die Krankheitsaktivität bereits zu Beginn der Erkrankung sehr ausgeprägt ist, ist für einen optimalen Therapieerfolg ein bestimmtes Zeitfenster zu beachten. Leider verhindert die unzureichende Versorgung mit internistischen Rheumatologen in Deutschland die Nutzung dieser Möglichkeit sehr häufig.
Nachdem häufig zunächst rein schmerzlindernde und/oder entzündungshemmende Therapie betrieben wird, sollte, sobald die Diagnose „RA“ fest steht, mit einer Basistherapie begonnen werden. Zum Einsatz kommen sogenannte DMARDs (Disease modifying antirheumatic drugs = krankheitsmodifizierende antirheumatische Medikamente = Basismedikamente), die in der Lage sind, das Krankheitsgeschehen positiv zu beeinflussen, so dass es nicht zu (weiteren) Gelenkschädigungen kommt und das Entzündungsgeschehen idealerweise zum Stillstand kommt. Hierzu gehören Substanzen wie Leflunomid (z.B. Arava) oder Ciclosporin (z.B. Immunosporin). Häufig werden auch Kombinationstherapien der Basistherapeutika eingesetzt. Zusätzlich kommen Krankengymnastik, Ergotherapie und auch Patientenschulungen zum Einsatz, um z.B. die noch vorhandene Beweglichkeit zu erhalten und den Patienten das Leben mit der Krankheit zu erleichtern.
Nach der Einführung der sogenannten Biologicals, Präparaten, die speziell den Tumor-Nekrose-Faktor-(TNF-)alpha hemmen, wurden verschiedene Studien zu Mono- und Kombinationstherapien mit diesen Substanzen durchgeführt. Eine Auswahl:
- Zu Etanercept (z.B. Enbrel) gibt es die ERA-(Etanercept in early Rheumatoid Arthritis) und die TEMPO-Studie (Trial of Etanercept and Methotrexate with Radiographic Patient Outcomes),
- Infliximab (z.B. Remicade) wurde mit der ASPIRE-Studie (Active Controlled Study of Patients Receiving Infliximab for Treatment of Rheumatoid Arthritis of Early Onset) getestet,
- die PREMIER-Studie untersuchte Adalimumab (z.B. Humira), wobei in der Regel die TNF-alpha-Blocker einer alleinigen Methotrexat-Therapie überlegen waren, die Kombination beider Substanzen aber den insgesamt besten Therapieerfolg brachten.
Interessanterweise zeigte die ASPIRE-Studie, dass zwar insgesamt ein sofortiger Therapiebeginn mit der Kombination Infliximab + MTX Vorteile gegenüber der MTX-Monotherapie bringt, dass aber bei genauerer Betrachtung von Entzündungswerten (CRP = C-reaktives Protein und BSG = Blutsenkungsgeschwindigkeit) MTX+Infliximab nur bei höheren Entzündungswerten besser wirkt. Bei niedrigen Entzündungswerten ist dagegen mit MTX alleine das Therapieergebnis vergleichbar mit dem der kombinierten Therapie.
Die BeST-Studie (Behandlungs-Strategien) verglich verschiedene Therapieansätze von Mono- und Kombinationstherapien einschließlich TNF-alpha-Blocker-Behandlung (hier mit Infliximab). Das Ergebnis zeigte deutlich, dass nur Kombinationstherapien mit herkömmlichen DMARDs mit einer TNF-alpha-Blocker-Therapie direkt zu Behandlungsbeginn vergleichbar sind . Allerdings war die Verträglichkeit bei Einsatz des Biologicals besser.
Es könnte möglicherweise sinnvoll sein, zu Beginn der RA-Therapie mit einem Biological eine erste Eindämmung des Entzündungsgeschehens einzuleiten und danach mit anderen Basismedikamenten weiter zu behandeln. Dies gilt insbesondere (s. ASPIRE-Studie) bei hoher Krankheitsaktivität mit entsprechend erhöhten Entzündungswerten, sowie sonstigen Parametern, die für einen eher schweren Krankheitsverlauf sprechen (z.B. hoher Rheumafaktor).
Was aber tun bei den 20-30% Patienten, die auf eine Behandlung mit TNF-alpha-Blockern nicht wie gewünscht reagieren? Hier könnte eine neue Wirkungsweise der Substanz Rituximab (z.B. MabThera) die Alternative sein.
Auch zu diesem Medikament gibt es natürlich eine Studie, sie hat den Namen DANCER (Dose-Ranging Assessment International Clinical Evaluation of Rituximab in RA). Sowohl bei 2x500 mg als auch bei 2x1000 mg jede 2. Woche konnten ähnliche ACR20- und ACR50-Response-Werte erzielt werden. Die höhere Dosierung führte dann sogar zu ACR70-Respondern oder Remissionen. Auch Patienten, bei denen TNF-alpha-Blocker nicht zum Therapieerfolg geführt hatten, konnte mit Rituximab häufig geholfen werden, wobei Verträglichkeit und Sicherheit sehr gut waren. Wenn die Rituximab-Therapie wegen guter Krankheitswerte ausgesetzt wird, kann bei erneuter Notwendigkeit der Behandlung ebenfalls wieder ein gutes Ergebnis erzielt werden.
Die Anfangsfrage: "Biologicals – nur für therapieresistente RA?" kann pauschal also nicht beantwortet werden, es muss jeder Patient individuell betrachtet werden. Was für den einen richtig ist, kann für einen anderen der falsche Weg sein. Die Erfahrung des behandelnden Rheumatologen mit den verschiedenen Möglichkeiten spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Wichtig ist aber auch hier wieder die Feststellung, dass nach der Therapieentscheidung nur regelmäßige Kontrolluntersuchungen einen Therapieerfolg oder einen eventuell notwendigen Therapiewechsel deutlich machen können.
Literatur
Rheumatoide Arthritis: was kann die Basistherapie? Univ.-Prof. Dr. Marcus Köller, Universitätsklinik Innere Medizin III, Klinische Abteilung für Rheumatologie, AKH Wien. UNIVERSIMED vom 29.01.2006