BEK-Versicherte: Ab 1. Juli wieder Praxisgebühr fällig
Mitglieder der Barmer Ersatzkasse (BEK), die im Rahmen eines sogenannten Hausarztmodells von der Praxisgebühr befreit waren, müssen diese ab dem neuen Quartal wieder zahlen. Dies hat das oberste deutsche Sozialgericht in einem aktuellen Urteil entschieden.
Die Begründung: Bei dem BEK-Hausarztmodell handele es sich nicht um eine echte integrierte Versorgung. Damit entfallen die entsprechenden gesetzlich möglichen Vergünstigungen.
Geklagt hatten die Kassenärztlichen Vereinigungen, stellvertretend die KV Thüringen. Der Hintergrund: Die BEK hatte 2005 ihr "Hausarztmodell" entwickelt. Es sah vor, daß Barmer-Versicherte, die zuerst einen Hausarzt aufsuchten, nur einmal im Jahr die Praxisgebühr von 10 EUR bezahlen mußten. In den nächsten Quartalen waren sie von der Zahlung befreit, konnten also in den übrigen 3 Quartalen 30 EUR einsparen. Gekoppelt an das Hausarztmodell war die Wahl einer "Hausapotheke", auf die sich der Versicherte festlegen mußte.
Für die Teilnahme an dem Modell erhielten ca. 38.000 Hausärzte und ca. 20.000 Hausapotheken eine zusätzliche Vergütung bzw. eine Zusatzgebühr, die die BEK von den Zahlungen abzog, die sie üblicherweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen und damit an alle Kassenärzte, d.h. auch die Fachärzte, hätte zahlen müssen. Möglich wäre dies im Rahmen einer integrierten Versorgung gewesen. Als eine solche wurde das BEK-Hausarztmodell von der Kasse deshalb auch deklariert.
Das Bundesssozialgericht hat nun in seiner höchstrichterlichen Entscheidung festgestellt, daß die Merkmale einer integrierten Versorgung nach §140 SGB V (Sozialgesetzbuch) nicht erfüllt sind, wenn lediglich eine Verbindung zwischen Hausarzt und Hausapotheke hergestellt wird. Erforderlich ist eine sektorenübergreifende Versorgung, z.B. in der Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärzten mit Krankenhäusern und Ärzten verschiedener Fachrichtungen.
Betroffen sind etwa 2 Millionen BEK-Versicherte, die mittlerweile von der Barmer durch ein entsprechendes Schreiben darüber informiert wurden.
Die Hausärzte, die am Barmer-Modell teilnehmen, befürchten zum morgigen Quartalsbeginn und für die nächsten Tage das Schlimmste. Vermutlich wird es mit BEK-Versicherten Diskussionen geben, und dies ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem auf die niedergelassenen Kassenärzte ohnehin ein ganzer Berg von Problemen zukommen wird. Unter anderem gilt ab dem 1. Juli 2008 die Regelung, daß alle kassenärztlich relevanten Formulare wie Rezepte, Überweisungen etc. mit einer sogenannten "lebenslangen Arztnummer" versehen sein müssen. Diese wurde den betroffenen Ärzten zum Teil erst vor wenigen Tagen mitgeteilt. In der Folge ist dann auch eine komplette Umstellung der Praxis-EDV notwendig. Uns sind Ärzte bekannt, bei denen vom zuständigen Software-Haus das erforderliche Update ab dem 23. Juni 2008 verschickt wurde und bei denen dieses bis zum 30. Juni 2008 noch nicht eingetroffen ist. Hier hilft fast nur eins: Am 1. Juli die Praxis erst gar nicht öffnen.
Die Bitte von rheuma-online an alle BEK-Versicherten, die am Hausarztmodell teilnehmen und die in den nächsten Tagen Überweisungen, Rezepte oder ähnliches benötigen: Nehmen Sie bitte die 10 EUR Praxisgebühr mit, am besten abgezählt, optimalerweise in Form eines 10-EUR-Scheines, und klären Sie alles weitere ein anderes Mal nach dem Motto: Zahl jetzt - diskutier später. Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt werden es Ihnen danken, und die vielen Mitpatientinnen und -patienten in der Schlange an der Anmeldung ebenso.