Autoimmunerkrankungen erhöhen das Lymphom-Risiko
Die steigende Zahl der Neuerkrankungen bei Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) scheint zum Teil ihren Ursprung bei den Autoimmunerkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis zu haben. Speziell bei den weiblichen Patienten ist dieser Zusammenhang deutlich zu erkennen.
Dr. Janet Cuttner vom Mount Sinai Medical Center in New York berichtete in der Oktober-Ausgabe 2005 des Journal of Rheumatology von einer Untersuchung, bei der 278 Patienten mit NHL mit einer Gruppe von 317 Patienten mit anderen Erkrankungen des blutbildenden Systems verglichen wurden.
Auffällig war, dass bei den NHL-Patienten häufiger eine vorausgegangene Autoimmunerkrankung festgestellt wurde. Da diese Krankheitsbilder häufiger bei Frauen zu finden sind, erkranken folgerichtig auch mehr Frauen am NHL, so Cuttner.
Die Zahlen im Einzelnen:
- 13% der NHL-Patienten hatten eine Autoimmunerkrankung in der Vorgeschichte.
- Bei der Kontrollgruppe waren es nur 5%.
- 69% der NHL-Patienten mit Autoimmunerkrankung waren Frauen, bei NHL ohne Autoimmunerkrankung waren nur 43% der Erkrankten Frauen.
- 20% der Frauen mit NHL hatten eine Autoimmun-Vorerkrankung.
- Bei der Kontrollgruppe hatten dagegen nur 7% der Frauen eine solche Vorerkrankung.
- 56% der NHL-Patienten mit Autoimmunerkrankung waren bereits mit Immunsuppressiva behandelt worden, gegenüber 38% der Kontrollgruppe.
Cuttner sieht diese neue Studie als Beweis vorheriger Studienergebnisse, die den Zusammenhang zwischen NHL und Autoimmunerkrankungen schon hergestellt hatten. Eine neue Erkenntnis ist aber die besondere Betroffenheit der weiblichen NHL-Patienten.
Die häufigsten Autoimmunerkrankungen bei NHL-Patienten sind die rheumatoide Arthritis (RA) sowie eine autoimmune Entzündung der Schilddrüse, auch Hashimoto-Thyreoiditis genannt. 1 von 50 Frauen, aber nur 1 von 1000 Männern erkrankt an einer Unterfunktion der Schilddrüse. Auch die rheumatoide Arthritis betrifft in erster Linie Frauen, insbesondere im mittleren Lebensalter.
Wenn eine Frau an RA leidet, ist das Risiko, zusätzlich an NHL zu erkranken, besonders hoch. Andere zusätzliche Erkrankungen kommen dagegen weniger häufig vor. Es wird vermutet, dass durch bestimmte Vorgänge im Immunsystem die Bildung von malignen (bösartigen) Zellformen begünstigt wird.
Bei Patienten des selben Alters und Geschlechts liegt bei NHL-Erkrankten eine 2,6-fach höhere Wahrscheinlichkeit für eine Autoimmunerkrankung in der Vorgeschichte vor, als bei allen anderen Patienten.
Die Verabreichung von Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, erfolgt immer häufiger bereits zu Beginn einer Autoimmunerkrankung. Diese Therapieform birgt, vor allem für Frauen, bei lang dauernder Behandlung das Risiko, an einem Lymphom zu erkranken. Cuttner rät daher den behandelnden Rheumatologen, bei ungeklärtem Fieber, Gewichtsverlusten oder vergrößerten Lymphknoten die Möglichkeit einer NHL-Erkrankung in Betracht zu ziehen und die entsprechenden diagnostischen Schritte zu veranlassen.
Weiter gehende Studien können möglicherweise klären, warum eine immunsuppressive Therapie das Tumorrisiko erhöht, wobei auch die TNF-alpha-Blocker in die genaue Betrachtung einbezogen werden sollten. In Großbritannien läuft zur Zeit eine Untersuchung an 4000 Patienten, die mit TNF-alpha-Blockern behandelt werden. Vielleicht finden sich hier erste Antworten auf die Frage nach dem Krebsrisiko dieser Substanzen.
Literatur
Cuttner J, Spiera H, Troy K, et al. Autoimmune disease is a risk factor for the development of non-Hodgkin's lymphoma. J Rheumatol 2005; 32:1884-1887.
Chambers S, Isenberg D. Malignancy and rheumatic disease—a real association? J Rheumatol 2005; 32:1866-1867.