Akupunktur bei Rheuma – Ist das sinnvoll?
Der Einsatz von Akupunktur bei verschiedensten Erkrankungen ist immer wieder ein Thema bei Ärzten und Patienten. Als Begleittherapie zur schulmedizinischen Standardtherapie findet Akupunktur immer mehr Anhänger und ist zukünftig möglicherweise auch Kassenleistung der Gesetzlichen Krankenkassen. Aber gibt es auch spezielle Einsatzmöglichkeiten bei rheumatischen Erkrankungen?
Eine große 3-Jahres-Studie unter Federführung der Techniker Krankenkasse (TK) analysierte die Daten von 314.000 Patienten mit insgesamt 3 Millionen Behandlungen. Interessant war nicht nur der Vergleich Akupunktur plus Schulmedizin zu Schulmedizin alleine, sondern auch die Entwicklung der Behandlungskosten zur Beurteilung des ökonomischen Aspektes. Die Patienten kamen mit verschiedenen chronischen Erkrankungen zur Behandlung (Schmerzen in HWS und LWS, Kopf- oder Arthroseschmerzen, Allergische Rhinitis, Asthma und Unterleibsschmerzen im Zusammenhang mit der weiblichen Regel (Dysmenorrhoe).
Grundsätzlich kann Akupunktur in traditioneller Weise, also durch Einstechen von Nadeln an bestimmte Stellen der Haut durchgeführt werden, es gibt aber darüber hinaus auch weitere Möglichkeiten zur Intensivierung, wie Anlegen von Reizstrom an die Nadeln oder Erhitzen der Nadeln. Auch ein Verzicht auf Nadeln und statt dessen reine Anwendung von Elektroimpulsen ist möglich, eine Therapieform, die wegen der Akzeptanz oft bei Kindern eingesetzt wird.
Dass Akupunktur einen messbaren Einfluss auf die Gehirnströme hat, wiesen britische Wissenschaftler mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) nach. Nadeln, die die Haut wirklich durchdringen, aktivieren mehr Hirnareale, als Pseudo-Nadeln, die sich beim Aufsetzen auf die Haut für den Patienten unbemerkt ineinander schieben.
Die Ergebnisse der TK-Studie belegen, dass zwar die Behandlungskosten pro Patient um 360 € ansteigen, sich aber auch bei 73-90 % der Behandelten die Beschwerden deutlich und langfristig besserten. Nebenwirkungen der Akupunktur werden dagegen kaum gesehen.
Eine Untersuchung an der Uniklinik in Freiburg, bei der mehr als 50 % der 4.400 teilnehmenden Patienten Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems hatten, ergab bei 84 % der Teilnehmer eine spürbare oder sogar starke Besserung der Beschwerden. Bei 13 % kam es zu keiner Zustandsänderung, nur bei 1 % war sogar eine Verschlechterung zu verzeichnen.
Für Rheuma-Patienten ist es aber besonders wichtig zu beachten, dass eine Akupunkturbehandlung nicht für jede rheumatische Erkrankung gleich gut geeignet ist.
So zeigte eine Studie mit 73 Patienten mit Arthrose der Kniegelenke, bei der die eine Gruppe nach herkömmlichen Methoden und die andere zusätzlich mit Akupunktur behandelt wurde, dass der Einsatz der Nadeln hier zu einem sehr guten Ergebnis führte, da die so behandelten Patienten deutlich weniger Schmerzen hatten.
Bei chronischen Rückenschmerzen ergab eine Studie der australischen „Cochrane Collaboration“, dass nach bisherigem Wissensstand (es gibt noch relativ wenige auswertbare Untersuchungen) eine Akupunktur bei dieser Patientengruppe keine Erleichterung bringt.
Chronische Polyarthritis reagiert ebenfalls nicht positiv auf die Akupunkturnadeln. Weder die subjektive Patienteneinschätzung der Beschwerden, noch die Beurteilung weiterer Krankheitssymptome wie die Zahl der geschwollenen oder schmerzenden Gelenke, ergab in einer englischen Studie an 64 Patienten einen Nutzen der Behandlung.
Eine schwedische Studie verglich die Wirksamkeit von Elektroakupunktur mit der einer Hydrotherapie bei Hüftarthrose. Zusätzlich erhielten die 45 Teilnehmer eine Patienten-schulung zur Therapieunterstützung. Eine Kontrollgruppe wurde nur geschult, aber nicht anderweitig behandelt. Befragt wurde vor der ersten und nach der letzten Behandlung, sowie nach einem, drei und sechs Monaten.
Sowohl Akupunktur, als auch Hydrotherapie ist wesentlich wirksamer als Schulung alleine. Die Akupunktur-Gruppe berichtete aber über die stärkste Besserung der Bewegungs- und Belastungsschmerzen und dies sogar noch sechs Monate nach der Therapie. Die Hydrotherapie-Patienten hatten diesen Erfolg nur bis drei Monate nach Abschluss der Behandlung. Die verbesserte Schmerzsituation und Beweglichkeit sorgte bei beiden Gruppen zusätzlich für das Empfinden einer deutlich gesteigerten Lebensqualität.
Ein abschließender Hinweis:
Akupunktur ist in erster Linie Schmerztherapie. In keiner Studie konnte bislang gezeigt werden, dass sich der Verlauf einer rheumatischen Erkrankung durch Akupunktur im Sinne einer echten Krankheitsmodifikation beeinflussen lässt, d.h. ein Verlangsamen oder bestenfalls sogar Stoppen der Gelenkzerstörung oder anderer chronisch fortschreitender Prozesse im Rahmen der rheumatischen Erkrankung erreicht wird. Akupunktur kann deshalb nach derzeitigem Erkenntnisstand eine wirksame antirheumatische Behandlung nur ergänzen, diese aber nicht ersetzen. Dies gilt insbesondere für solche gefährlichen und bei unzureichender Behandlung rasch fortschreitenden Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis), Psoriasis-Arthritis (Gelenk- und Wirbelsäulenbeteiligung bei Schuppenflechte) oder andere immunologische Systemerkrankungen wie Kollagenosen oder systemischer Lupus erythematodes (SLE).
Weiterführende Informationen:
- Große Langzeitstudie belegt Erfolg von Akupunktur
- Hüftarthrose: Akupunktur schlägt Hydrotherapie
- Artikel in der Ärztezeitung (nur über DocCheck abrufbar)
- 2. Artikel in der Ärztezeitung (nur über DocCheck abrufbar)