5 Jahre Initiative REMISSIONPLUS in der Rheumatologie - Mit moderner Bildgebung das Unsichtbare sichtbar machen
Moderne bildgebende Verfahren sind für die Früherkennung in der Rheumatologie essenziell: Entzündungen und Gelenkzerstörungen können schon zu Beginn erkannt werden, was die Prognose der Patienten verbessert. Denn mit adäquater Therapie lassen sich irreversible Gelenkschädigungen und Funktionseinschränkungen vermeiden. Die Initiative REMISSIONPLUS* verfolgt das Ziel, moderne Bildgebungsverfahren als festen Bestandteil der rheumatologischen Diagnostik und Verlaufskontrolle zu etablieren.
Drei Arbeitsgruppen befassen sich mit der Entwicklung und Validierung von Scores, die eine einheitliche Bewertung der mit bildgebenden Verfahren erhobenen Befunde ermöglichen, und setzen sich durch Fortbildungen in den Bereichen Sonographie und Magnetresonanztomographie (MRT) für die praktische Umsetzung ein.
Anlässlich eines Pressegesprächs zum fünfjährigen Bestehen der Initiative ziehen die wissenschaftlichen Leiter der Arbeitsgruppen eine positive Zwischenbilanz der bisherigen Projekte: So gelang es, erste Sonographie- und MRT-Scores in der Diagnose und in Kontrolluntersuchungen entzündlich-rheumatischer Erkrankungen zu etablieren, die den breiten Einsatz erleichtern, und auch ein umfangreiches Fortbildungsprogramm einzuführen, das bereits über 1.300 Ärzte absolvierten.
„Mittels Ultraschall oder MRT sind Gelenkentzündungen und -erosionen schon sehr früh nachweisbar, was eine rasche adäquate Therapie und damit eine bessere Prognose der Patienten ermöglicht. Zudem schreiten bei über 50 Prozent der Patienten die Gelenkerosionen trotz klinischer Remission im DAS28 fort“, erläuterte der Leiter der Arbeitsgruppe „Fortbildungen“ der Initiative REMISSIONPLUS, Prof. Herbert Kellner, München, die Beweggründe für die Arbeit der Initiative.
„Vor dem Hintergrund, dass wir mit den TNF-alpha-Inhibitoren heute Therapieoptionen besitzen, die eine radiologische Progression hemmen können, ist es umso wichtiger, solche „Silent Progressors“ frühzeitig mittels bildgebender Verfahren zu identifizieren“, ergänzte PD Dr. Marina Backhaus, Berlin, Leiterin der Arbeitsgruppe „Sonographie“.
US7 Score zur sonographischen Bewertung der kleinen Gelenke etabliert
Um anhand von Ultraschall-Untersuchungen den Grad von Synovitis, Tenosynovitis und Gelenkerosionen einheitlich bewerten zu können, hat die Arbeitsgruppe „Sonographie“ je einen Score sowohl für sieben häufig betroffene kleine Gelenke (US7 Score; Handgelenk, MCP II/III, PIP II/III, MTP II/IV) als auch für große Gelenke (Schulter, Ellenbogen, Knie und Hüfte) entwickelt und zum Teil bereits validiert.
„Der US7 Score spiegelt das Therapieansprechen wider und ist in der täglichen Praxis ein wertvolles Instrument zur Beurteilung von Inflammation und Gelenkerosion bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen“, fasste Backhaus die Ergebnisse der bisher größten rheumatologischen Ultraschall-Studie [1] zur Validierung des US7 Scores zusammen. Die Studie umfasste 1.600 Patienten mit aktiver rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) oder ankylosierender Spondylitis (AS), bei denen ein Therapiewechsel oder eine Neueinstellung auf DMARDs oder Biologika indiziert waren.
Es zeigte sich, dass das Ansprechen der Patienten unter der neuen Therapie sowohl im DAS28 als auch in den gemessenen Laborparametern eng mit den Synovitis-Scores der Ultraschall-Verfahren korrelierte und die Erosions-Scores über den Untersuchungszeitraum hinweg stabil blieben.
Für den semiquantitativen US7 Score werden Graustufen-Ultraschall (GS-US) sowie Power-Doppler-Ultraschall (PD-US) eingesetzt. Die Ultraschalluntersuchungen fanden zu Therapiebeginn sowie nach 3, 6 und 12 Monaten statt, wobei parallel die Laborparameter (CRP, BSG, anti-CCP, Rheumafaktor) sowie der DAS28 bestimmt wurden.
SOLAR-Studie validiert neuen Score für große Gelenke
Zwischenergebnisse der Studie SOLAR [2] (Sonography of Large Joints in Rheumatology), in der ein neuer semiquantitativer Score zur Bewertung sonographischer Veränderungen an den großen Gelenken von Schulter, Ellenbogen, Knie und Hüfte validiert werden soll, zeigen, dass bei 148 Patienten nach zwölf Monaten die Scores des GS-US und des PD-US eng mit dem Therapieansprechen im DAS28 korrelierten.
„Die bis 2012 laufende Studie soll 1.000 Patienten mit RA, PsA und AS umfassen, bei denen ebenfalls eine Indikation für eine Therapieumstellung vorliegt“, erläuterte Backhaus. Es ist geplant, bei ihnen über ein Jahr hinweg das klinisch aktivste Gelenk mittels GS-US und PD-US im Hinblick auf Synovitis und Erosionen zu untersuchen.
Studie zu Einfluss der Sonographie auf die körperliche Funktionsfähigkeit
Ziel von US-IMPERA (US7-Implemenation Study in Early Rheumatoid Arthritis) ist es, erstmals den Einfluss der Sonographie auf die Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit bei früher, aktiver RA zu evaluieren. In der bis 2013 laufenden Studie werden 440 Patienten entweder nach den aktuellen Therapiestandards behandelt oder erhalten zusätzlich Ultraschalluntersuchungen.
„Wir möchten sehen, ob der Einsatz der Sonographie die Therapieentscheidung beeinflusst und sich dadurch letztlich die körperliche Funktionsfähigkeit im HAQ (Health Assessment Questionnaire) verbessert“, erläuterte Backhaus das dritte aktuelle Projekt der Arbeitsgruppe „Sonographie“.
Therapieansprechen mittels MRT-Score RAMRIS gut zu beurteilen
„Die Niederfeld-MRT ist in Verbindung mit dem RAMRIS-Score eine praktikable Untersuchungsmethode zur morphologischen und semiquantitativen Beurteilung des Therapieerfolgs von RA-Patienten.“ So lautet das Fazit von PD Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf, wissenschaftlicher Leiter der Arbeitsgruppe „Magnetresonanztomographie“, auf Basis der bereits abgeschlossenen Validierung des modifizierten RAMRIS-Scores zum Therapiemonitoring von RA-Patienten mittels Niederfeld-MRT.
Die hierzu durchgeführte Studie [3] umfasste circa 200 Patienten mit Indikation für eine Therapieumstellung, die nach jeweils 3, 6 und 12 Monaten an den klinisch dominanten Hand- oder Zehengelenken hinsichtlich Synovitis, Knochenödemen und Erosionen untersucht wurden. Parallel zur semiquantitativen Bewertung der Bilder mittels des Scores wurden dabei der DAS28 sowie die Laborparameter BSG, CRP, anti-CCP und Rheumafaktor bestimmt.
„Wir konnten zeigen, dass die Änderungen im RAMRIS-Score eng mit den Verbesserungen im klinischen Ansprechen bzw. der Laborwerte unter der neuen Therapie korrelierten, was für den Gesamtscore und die jeweiligen Subscores für Synovitis, Knochenödeme und Erosionen galt“, so Ostendorf.
Der Rheumatologe betonte, dass diese Methode zudem detaillierte Informationen über das Ausmaß von Synovitis, Ödemen und Erosionen liefere, sodass sie sich sehr gut eigne, um auf die Therapie ansprechende Patienten von nicht ansprechenden zu unterscheiden.
„Hierdurch ergibt sich zugleich ein Einfluss auf moderne Behandlungskonzepte wie etwa den Treat-to-Target-Ansatz, bei dem beim Verfehlen eines festgelegten Behandlungsziels innerhalb einer bestimmten Frist eine rasche Therapieanpassung erfolgt“, so Ostendorf.
„Auf der anderen Seite konnten wir bei zahlreichen Patienten, die in klinischer Remission waren, weiterhin entzündliche Veränderungen in der MRT nachweisen, ebenso eine radiologische Progression („Silent Progressors“), was zur Folge hat, diese Patienten besonders sorgfältig im Krankheitsverlauf zu beobachten. Gegebenenfalls werden sich hiervon künftig auch Therapieentscheidungen ableiten lassen – beispielsweise: Wann setze ich bei einem Patienten, dem es gut geht, eine Basistherapie ab? Weitere MRT-Studien sind hierfür aber notwendig.“
Umfangreiches Fortbildungsangebot für Rheumatologen gut angenommen
Damit Rheumatologen die Vorteile der bildgebenden Verfahren in der Praxis sowohl in der Routinediagnostik als auch in der Verlaufskontrolle verstärkt nutzen können, hat die Arbeitsgruppe „Fortbildungen“ im Rahmen von REMISSIONPLUS ein umfangreiches Fort- und Weiterbildungsprogramm entwickelt. „Ziel ist es, Rheumatologen zu befähigen, hochwertige Bildgebung zu indizieren oder selbst durchzuführen und vor allem die Ergebnisse qualifiziert beurteilen zu können.
Seit 2006 haben sich mehr als 1.300 Teilnehmer in den 86 angebotenen Kursen weitergebildet“, zeigte sich Kellner, der Leiter der Arbeitsgruppe „Fortbildungen“, sehr zufrieden über die bisherige Resonanz. Die zertifizierten Kurse zu Sonographie und MRT sind sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene konzipiert und lassen viel Raum für praktische Übungen. Vor dem DGRh-Kongress findet zudem jährlich ein Intensivseminar zur Bildgebung mit Vorträgen und Workshops statt.
Neben den noch laufenden Studien und Projekten mit ihren zu erwartenden wertvollen Daten und Ergebnissen hat die Initiative REMISSIONPLUS bereits neue Pläne, um die Integration moderner Bildgebungsverfahren in den Behandlungsalltag weiter zu fördern:
„Als nächsten Schritt planen wir nun, Veranstaltungen zur Sonographie der Enthesitis bei Spondyloarthropathien anzubieten. Zudem wollen wir uns künftig verstärkt an die niedergelassenen Rheumatologen wenden, da diesen die größte Rolle in der Versorgung der Patienten zukommt“, so Kellner abschließend.
*Die Initiative REMISSIONPLUS wird von den wissenschaftlichen Leitern PD Dr. Marina Backhaus, Berlin, Prof. Dr. Herbert Kellner, München, und PD Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf, getragen und von Abbott unterstützt. Kooperationspartner der Initiative ist die Firma ESAOTE.
Literatur:
1) Evaluation of a novel 7-joint ultrasound score in daily rheumatologic
practice: A pilot project
M. Backhaus, S. Ohrndorf, H. Kellner, J. Strunk, T. M. Backhaus, W. Hartung,
H. Sattler, K. Albrecht, J. Kaufmann, K. Becker, H. Sörensen, L. Meier, G. R.
Burmester, W. A. Schmidt
Arthritis Care & Research 2009, 61; 9: 1194-1201
PDF
2) Hartung W. et al. INTRODUCTION AND EVALUATION OF A NOVEL
ULTRASOUND SCORE FOR LARGE JOINTS IN DAILY RHEUMATOLOGIC
PRACTICE: A PILOT STUDY, EULAR 2011 - SAT0108, Abstract
3) Ostendorf B. et al. DGRh, 2010, EULAR 2009, ACR 2010, (Suppl. Arthritis
Rheum 2010), DGRh 2008; 2011; manuscript in preparation
Quelle:
Pressegespräch
5 Jahre REMISSIONPLUS –
Bildgebung in der Rheumatologie: Das Unsichtbare sichtbar machen
Mittwoch, 31. August 2011
Abbott Deutschland, Anna Jensen
Weber Shandwick, Johanna Pätzold