Schwangerschaft und rheumatische Erkrankungen
Es ist eine sehr häufige Beobachtung, daß entzündlich-rheumatische Erkrankungen in der Schwangerschaft besser werden oder im günstigsten Fall sogar alle Symptome verschwinden. Eine der Erklärungen besteht darin, daß die Schwangerschaft aus immunologischer Sicht eine Art Immunsuppression darstellt.
Das wachsende Kind stammt ja unter genetischen Gesichtspunkten zur Hälfte vom Vater und ist damit sozusagen zur Hälfte für den Körper der Mutter fremd. Damit das Immunsystem der Mutter das Kind nicht als etwas Fremdes angreift und sogar vernichtet, muß es während der Schwangerschaft auf eine größere Toleranz gegenüber Fremdem umgestellt werden. Diese größere Toleranz führt möglicherweise dazu, daß auch die autoimmunen Reaktionen, die bei vielen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen eine Rolle spielen, weniger werden oder ganz zurückgehen.
Leider kommt es nach der Entbindung und mit der damit verbundenen Umstellung des Immunsystems auf die "normalen", ursprünglichen Zustände bei vielen Frauen wieder zu einer erhöhten Krankheitsaktivität ihrer rheumatischen Erkrankung. Manchmal führt die Umstellung des Immunsystems nach der Entbindung sogar zu einem regelrechten Krankheitsschub. Besonders gefürchtet ist der Schub nach der Entbindung beim systemischen Lupus erythematodes, aber auch bei den anderen Kollagenosen. Insbesondere beim systemischen Lupus erythematodes kann es nach der Entbindung zu schwersten Organbeteiligungen und lebensgefährlichen Situationen kommen. Ein verantwortlicher Rheumatologe betreut deshalb diese Patienten in Zusammenarbeit mit dem Frauenarzt nach der Entbindung sehr engmaschig, damit gegebenfalls sofort reagiert und der sich anbahnende Krankheitsschub durch geeignete Behandlungsmaßnahmen verhindert werden kann. Auf diese Weise können im Regelfall kritische Entwicklungen vermieden werden.
Auch Patienten mit einer chronischen Polyarthritis müssen nach der Entbindung mit einem Schub ihrer Erkrankung rechnen. Die kritische Zeit beginnt etwa 3-6 Wochen nach der Entbindung. Genausogut kann es allerdings auch zu einer anhaltenden Fortdauer der Beschwerdefreiheit kommen. Wie sich die Krankheit entwickelt, ist leider mit keiner noch so aufwendigen Methode vorherzusagen.
Bei vielen Frauen ist das Stillen möglich, allerdings nicht immer ohne Medikamente. Es gibt allerdings einige entzündungshemmende Medikamente, die nicht in die Muttermilch übergehen und die man während der Stillperiode ohne Gefahr für das Kind einnehmen kann.
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