M. Bechterew und Schwangerschaft
Aus Erfahrungen geht eine Schwangerschaft bei Morbus Bechterew im Regelfall nicht mit besonderen Komplikationen einher. Problematisch ist, daß man gerade zu Beginn einer jeden Schwangerschaft nach Möglichkeit keine Medikamente einnehmen sollte; damit steht der Bechterew-Patientin in dieser Zeit keine wirksame entzündungshemmende Therapie und Schmerztherapie zur Verfügung. Im Notfall kann auch zu Beginn einer Schwangerschaft sehr niedrig dosiert Cortison eingesetzt werden (in der Literatur werden Angaben gemacht, nach denen man bis zu 10 mg Prednisolon-Äquivalent pro Tag geben kann, z.B. bis zu 10 mg Decortin H pro Tag); dies reicht oft aber bei starken Schmerzen nicht aus. Im Verlauf und zu Ende der Schwangerschaft ist das medikamentöse Behandlungsspektrum breiter. Allerdings darf in den letzten Wochen keine Acetylsalicylsäure (ASS, z.B. Aspirin) gegeben werden, da sich darunter der Ductus arteriosus Botalli beim Neugeborenen nach der Geburt nicht schließt (über diesen Ductus arteriosus Botalli wird das Blut beim Kind im Mutterleib an der Lunge vorbeigeleitet, da das Kind im Mutterleib noch nicht atmet; nach der Geburt wird dann der Lungenkreislauf mit dem Beginn der eigenen Atmung des Neugeborenen quasi freigeschaltet und der Ductus muß sich schließen). Aus demselben Grund dürfen in den letzten Schwangerschaftswochen auch keine anderen cortisonfreien Entzündungshemmer gegeben werden.
Bei vielen Patientinnen wird die Krankheitsaktivität von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen in einer Schwangerschaft geringer. Dies kennt man auch von vielen Patientinnen mit M. Bechterew. Deshalb gelingt es bei einem Großteil der Patientinnen, auch ohne Medikamente oder mit kleinen bis kleinsten Dosen Cortison über die Schwangerschaft zu kommen.
Ein spezielles Problem bei M. Bechterew ist, daß bereits kerngesunde Frauen mit zunehmender Schwangerschaftsdauer und Größenzunahme des Kindes Rückenschmerzen bekommen. Patientinnen mit M. Bechterew sind natürlich hierfür noch anfälliger.
Eine zweite, sehr wichtige spezielle Problematik bei Patientinnen mit M. Bechterew ist die Sakroileitis. Typischerweise geht ein M. Bechterew mit einer Entzündung der Kreuz-Darmbein-Gelenke (Sakroileitis) einher. Je nach Ausprägungsgrad der Sakroileitis können die Kreuz-Darmbein-Gelenke in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt oder sogar ganz eingesteift sein. Unter der Geburt muß sich der Geburtskanal erweitern, damit der sehr große Kopf des Kindes hindurchpaßt. Eine entscheidende Enge ist dabei der Beckenring. Er erweitert sich unter der Geburt durch eine Dehnung der Kreuz-Darmbein-Gelenke und der Schambeinfuge (Symphyse). Wenn die Kreuz-Darmbein-Gelenke nun durch die Entzündung in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt oder sogar ganz verlötet sind, kann sich der Beckenring unter der Geburt nicht in dem nötigen Umfang erweitern. In diesem Fall wird eine Entbindung durch Kaiserschnitt nötig. Für Patientinnen mit M. Bechterew ist es deshalb nötig, mit ihrer Gynäkologin / ihrem Gynäkologen rechtzeitig über den M. Bechterew zu sprechen, damit die Entbindung ggf. entsprechend geplant werden kann.
Siehe auch unter Fragen und Antworten.