Knieschmerzen
Knieschmerzen können eine große Anzahl von Ursachen haben. Grundsätzlich sollten zunächst drei Hauptmöglichkeiten unterschieden werden:
1. Knieschmerz nach einer Verletzung
Das Kniegelenk ist ein sehr kompliziertes Gelenk mit einer besonderen Biomechanik. Im Gegensatz zu anderen Gelenken, beispielsweise der Hüfte, ist es vorwiegend bandgeführt, d.h. es hat keinen starken umgebenden Muskelmantel. Als gewichtstragendes Gelenk ist es großen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Es ist deshalb ein sehr verletzungsanfälliges Gelenk.
Typische Verletzungen des Kniegelenks treten beim Sport auf (z.B. Fußball und Meniskusverletzungen, Skilauf und Bänderdehnungen, Bänderrisse, Meniskusverletzungen), aber auch bei Stürzen am Arbeitsplatz, im Haushalt oder in der Freizeit.
Die häufigsten Verletzungen des Kniegelenks sind Bänderüberdehnungen oder Bänderrisse (Innenband, Außenband, Kreuzbänder) und Meniskusverletzungen. Oft kommt es auch zu komplizierten Verletzungen mit Beteiligung mehrerer Bänder und der Menisken.
Der Knieschmerz aufgrund einer Verletzung tritt unmittelbar nach der Verletzung auf. Liegt zwischen dem Auftreten des Schmerzes und einer Verletzung ein zeitlicher Abstand, ist ein Zusammenhang zwischen der Verletzung und dem Schmerz nicht sehr wahrscheinlich. Dies gilt umso mehr, je größer der Abstand zwischen der Verletzung und dem Auftreten des Schmerzes ist.
Ein Schmerz aufgrund einer Verletzung ist typischerweise ein Schmerz, der sich durch eine Bewegung und / oder eine Belastung der betroffenen Struktur auslösen oder verstärken läßt und unter Ruhigstellung und / oder Entlastung weniger wird bzw. nicht mehr vorhanden ist.
Bei einer akuten Verletzung kommt es allerdings als Folge der Verletzung in der Regel zu einer starken entzündlichen Reaktion. Beim Kniegelenk führt dies zu einer starken Schwellung, Überwärmung und meistens auch Ergußbildung. Diese Entzündung geht dann mit einem entzündlichen Schmerz einher, d.h. das Gelenk schmerzt nicht nur bei Bewegung oder Belastung, sondern auch in Ruhe und sogar und gerade in der Nacht.
Diagnostik:
Erste Hinweise auf die Art der Verletzung gibt die genaue Befragung zum Unfallhergang. So sind beispielsweise Verletzungen im Zusammenhang mit Drehstürzen (kombinierte Drehung und Beugung oder Streckung wie beim Skilaufen; Verdrehung des Oberkörpers und des Oberschenkels bei fixiertem Unterschenkel bei einem Foul beim Fußball) immer verdächtig auf eine Beteiligung des Meniskus. Weitere Hinweise ergeben sich aus der Untersuchung; dazu werden spezielle Tests u.a. für die Innenbänder, Außenbänder, Kreuzbänder und die Menisken durchgeführt. Ein Röntgenbild ist nötig, um ggf. zusätzlich bestehende knöcherne Verletzungen (Frakturen, Bandausrisse) zu erkennen. Mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung des Gelenks (Arthrosonographie) sind Aussagen zu einer Schwellung und Ergußbildung einschließlich Nachweis eines Blutergusses möglich. Darüber hinaus sind bei guten Untersuchungsbedingungen oft auch Meniskusverletzungen zu sehen. Die beste bildgebende Methode zur Darstellung von Kniebinnenschäden ist die Kernspintomographie. Sie wird deshalb auch vor geplanten operativen Eingriffen immer häufiger im Rahmen der Vordiagnostik eingesetzt. Eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) aus rein diagnostischen Gründen wird durch die verbesserten bildgebenden Verfahren immer seltener notwendig. Bei der operativen Therapie von Kniegelenksbinnenschäden wird sie dagegen immer häufiger eingesetzt. Viele Eingriffe, die früher als Operationen am offenen Kniegelenk durchgeführt wurden, können heute arthoskopisch gemacht werden. Für den Patienten hat die arthroskopische Methode den Vorteil, daß sie im Vergleich zur offenen Operation in der Regel ein kleinerer Eingriff ist, manchmal sogar ambulant durchgeführt werden kann, die Wundheilung viel schneller abgeschlossen ist, die Mobilisation schneller möglich ist und die Rehabilitation eher erfolgen kann. Eine Punktion des Gelenks (Gelenkpunktion) wird aus zwei Gründen durchgeführt. Zum einen dient sie als diagnostische Punktion dem Nachweis eines Hämarthros (Bluterguß im Gelenk). Ein solcher Nachweis eines Hämarthros nach einer Verletzung ist wichtig im Zusammenhang mit gutachterlichen Fragen. So wird bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung (Schadensersatzansprüche bei Fremdverschulden der Verletzung, Schmerzensgeld) vor Gericht in der Regel davon ausgegangen, daß auch bei vorbestehenden Gelenkserkrankungen durch den Unfall / die Verletzung eine Verschlechterung anzunehmen ist (Zusammenhangsfrage), wenn ein Hämarthros bestand. Die Punktion mit Untersuchung der Gelenkflüssigkeit (Synovia-Analyse) ist deshalb auch unter später möglichen gutachterlichen Gesichtspunkten eine wichtige Sofortmaßnahme nach einer Gelenkverletzung. Zum anderen erfolgt sie als therapeutische Punktion. Die therapeutische Punktion wird vor allem bei starken Gelenkergüssen oder bei Blutergüssen zur Entlastung des Gelenks und zur sofortigen Schmerzlinderung durchgeführt. Bei einem Bluterguß im Gelenk wird außerdem so viel Blut wie möglich entfernt, da das Blut im Gelenk für den Knorpel schädlich ist und der Bluterguß außerdem zu einer starken Entzündungsreaktion im Gelenk führt.
Therapie
Die Therapie von Kniegelenksverletzungen richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache. Bei reinen Bandüberdehnungen erfolgt zunächst eine Ruhigstellung bzw. Entlastung des Gelenks, je nach Art der Verletzung z.B. auch mit Hilfe von Unterarmgehstützen, flankierend werden in der Akutphase Maßnahmen zur Begrenzung der Entzündungsreaktion durchgeführt. Dies erfolgt zum einen durch häufiges Kühlen des Gelenks (mehrfach am Tag, anfangs sogar stündlich) mit Kälteträgern (z.B. Eisbeutel). Die Eisanwendung sollte dabei nicht zu kurz durchgeführt werden, damit die Kälte bis in die Tiefe eindringen kann und es nicht durch die Kühlung von nur oberflächlichen Hautschichten zu einer verstärkten Durchblutung kommt ("reaktive Hyperämie"). Diese führt dann nämlich zu einer Verstärkung der Durchblutung in den entzündeten Gebieten und u.U. sogar zu einer Zunahme der Entzündung. Tips für das richtige Kühlen findet man unter dem Stichwort Kryotherapie. In vielen Fällen ist die unterstützende Gabe von Medikamenten zur Entzündungshemmung (cortisonfreie Entzündungshemmer) sehr sinnvoll. Sie verhindern oder reduzieren zum einen die bei jeder Gewebsverletzung entstehende entzündliche Reaktion, die dann in der Folge die verletzungsbedingten Probleme zusätzlich verstärkt. Zum anderen wird durch diese Medikamente auch der Schmerz gelindert, vor allem auch der sehr unangenehme, entzündlich bedingte Ruheschmerz und Nachtschmerz. Durch die Entzündungshemmung wird auch die Schwellung des Gelenks reduziert. Da Entzündung und Schwellung für ein Gelenk immer mit der Gefahr einer zusätzlichen Schädigung verbunden sind, ist die Gabe eines Entzündungshemmers zugleich eine Art medikamentöser Gelenkschutz.
Bei Bandrupturen ist unter Umständen ein operativer Eingriff notwendig. Dies richtet sich vor allem nach dem betroffenen Band und nach der späteren Anforderung an das Gelenk. So ist beispielsweise bei einem Kreuzbandriß bei einem Spitzensportler die operative Versorgung die Methode der Wahl, während bei einem Patienten ohne große sportliche Ambitionen die konservative Therapie (anfängliche Ruhigstellung, dann gezielte Krankengymnastik) oft die bessere Alternative ist.
Bei einer Meniskusverletzung wird heute in der Regel die operative Versorgung mit Meniskusentfernung gewählt (Meniscektomie). Ausnahmen bestehen bereits heute im Einzelfall bei Kindern, da man gelernt hat, daß es bei Kindern zu einer Reparatur von bestimmten Meniskusverletzungen kommen kann. Zukünftige Entwicklungen gehen dahin, auch bei Erwachsenen nach Möglichkeit den Meniskus zu erhalten, z.B. durch den Einsatz von Gewebeklebern oder durch Naht. Diese Methoden führen aber zu teilweise sehr unbefriedigenden Ergebnissen und sind über das experimentelle Stadium nicht hinaus. Wir persönlich halten viel von dem Versuch, den Meniskus nach Möglichkeit zu erhalten. Dies begründet sich vor allem daraus, daß der Meniskus im Kniegelenk eine wichtige biomechanische Funktion hat, indem er einen paßgenauen Ausgleich zwischen dem Schienbeinknorpel und dem Oberschenkelknorpel herstellt und dabei gleichzeitig auch noch eine Art Pufferwirkung hat. Offensichtlich ist es für das Kniegelenk auf Dauer nicht gut, wenn der Meniskus diese Aufgabe nicht mehr wahrnimmt. Es ist auf der Grundlage zahlreicher Studien unbestritten, daß Patienten mit einer Meniskusentfernung später mit dem erhöhten Risiko einer Kniegelenksarthrose rechnen müssen. Andererseits kann man einen lädierten Meniskus nicht im Gelenk belassen, da dies noch schneller zu einer Arthrose führt. Dies geschieht dadurch, daß der oberflächlich nicht mehr glatte Meniskus bei jeder Bewegung des Kniegelenks quasi wie eine Art Sandpapier oder ein anderes Kratzinstrument über die Knorpeloberfläche des Schienbeinkopfes oder des Oberschenkelknochens reibt und dadurch relativ rasch die Entstehung von Knorpeldefekten und einer nachfolgenden Arthrose einleitet.
2. Knieschmerz als Folge von Gelenkverschleiß
Knieschmerz als Folge von Gelenkverschleiß ist durch den typischen nicht-entzündlichen Schmerz einer Arthrose gekennzeichnet. Typisch für die Arthrose ist der Startschmerz, der bei der ersten Bewegung und unter den ersten Bewegungen eines Gelenks auftritt und dann rasch nachläßt sowie der belastungsabhängige Schmerz, der sich mit der Belastung eines Gelenks entwickelt (z.B. zunehmende Schmerzen in den Knien bei einer längeren Gehstrecke; bei schwereren Arthosen aber z.B. auch bereits beim Treppensteigen oder nach wenigen Metern in der Ebene). Unter Entlastung klingt der Arthroseschmerz dann rasch wieder ab. Typischerweise schmerzt ein Arthrosegelenk in Ruhe oder in der Nacht nicht (wichtiger und ganz charakteritischer Unterschied zur Arthritis). Wenn es bei einer Arthrose zum Auftreten von Ruheschmerz und Nachtschmerz kommt, ist dies ein deutliches Zeichen dafür, daß man das Gelenk vorher überlastet hat. Oft bestehen dann gleichzeitig auch eine Schwellung und eine Überwärmung des Gelenks, manchmal auch ein Gelenkerguß. Diese Symptome werden durch eine Entzündung des Gelenks hervorgerufen; man nennt dies dann eine aktivierte Arthrose. Bei fortgeschrittenen Arthrosen kommt es durch den starken Abrieb von Knorpel- und Knochenteilchen zu einer andauernden Reizung der Gelenkinnenhaut ("Detritus-Synovitis") und zu den ständigen Symptomen einer Gelenkentzündung. Eine solche chronisch-entzündlich aktivierte Arthrose ist dann von den Symptomen her einer Arthritis sehr ähnlich.
Wegen seiner besonderen biomechanischen Verhältnisse und seiner relativ hohen Verletzungsanfälligkeit ist das Kniegelenk auch anfällig für die Entstehung einer Arthrose. Dabei spielen vor allem frühere Meniskusverletzungen eine wesentliche Rolle (s.o.). Bedeutende Risikofaktoren für eine Kniegelenksarthrose sind Überlastungen, z.B. im Zusammenhang mit bestimmten beruflichen Tätigkeiten, aber auch durch Übergewicht. Risikoberufe für die Entstehung einer Kniegelenksarthrose sind alle Berufe, bei denen das Knie über lange Zeit in Beugestellung belastet wird. So ist beispielsweise in früheren Studien die Häufigkeit einer Kniegelenksarthrose bei Busfahrern deutlich erhöht. Man vermutet als Ursache die hohen Pedalkräfte bei der Betätigung des Kupplungspedals. Ob sich dieses Risiko durch die heute weite Verbreitung von automatischen Getrieben reduzieren läßt, steht nicht endgültig fest. Epidemiologische Studien aus den USA belegen insbesondere für Frauen die Bedeutung von Übergewicht für die Entstehung einer Kniegelenksarthrose. Weiterhin gehen angeborene oder erworbene Gelenkfehlstellungen (X-Beine, O-Beine) mit einem erhöhten Risiko für eine spätere Arthrose einher.
Wenn über einen längeren oder gar langen Zeitraum das Kniegelenk durch eine Arthritis entzündet war, kann sich dadurch auch eine Arthrose entwickeln. Man bezeichnet diese Arthrose in der Folge einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung oder einer anderen Gelenkentzündung, z.B. bei einer bakteriellen Arthritis, als postarthritische Arthrose. Die Symptome einer postarthritischen Arthrose sind eine Mischung aus entzündlich bedingten Schmerzen und verschleißbedingten Schmerzen, d.h. eine Kombination aus Startschmerz und belastungsabhängigem Schmerz sowie auch Ruheschmerz und Nachtschmerz und ausgeprägterer Morgensteifigkeit.
Diagnostik
Neben der Befragung nach den typischen Symptomen und der Untersuchung des Knies ist das Röntgenbild die wichtigste Methode zur Diagnose einer Kniegelenksarthrose. Die Röntgenuntersuchung sollte im sogenannten a.p.-Strahlengang (d.h. bei der Aufnahme von vorne nach hinten, im Gegensatz zur seitlichen Aufnahme) im Stehen erfolgen, da man nur unter der Belastung des Kniegelenks durch das Körpergewicht eine exakte Information über die Höhe des Gelenkspalts und einen möglicherweise bestehenden Knorpelverlust bekommt. Ergänzende Untersuchungen sind je nach Fragestellung die Ultraschalluntersuchung des Knies (Arthrosonographie), die Gelenkpunktion, die Knochenszintigraphie, die Kernspintomographie und die Arthroskopie.
Therapie
Die Therapie der Arthrose richtet sich nach der Entstehungssursache, dem Schweregrad sowie der Krankheitsaktivität. Grundsätzlich gilt, daß eine gute muskuläre Führung ein Arthrosegelenk schützt und entlastet. Für die Kniegelenksarthrose ist zwar kein unmittelbarer Muskelmantel um das Gelenk herum vorhanden. Eine wichtige Schutzfunktion für das Kniegelenk hat aber die Oberschenkelmuskulatur, danach, in geringerem Ausmaß, die Wadenmuskulatur. Für den Gelenkschutz des Kniegelenks ist deshalb ein kräftiger und ausdauernder Oberschenkelmuskel sehr wichtig. Das Dehnen, Kräftigen und Trainieren dieser Muskulatur ist damit ein wichtiges Ziel der Krankengymnastik und eines krankengymnastischen Hausaufgabenprogramms bei der Kniegelenksarthrose. Ein weiteres wichtiges Ziel einer Bewegungstherapie ist der Erhalt der Gelenkfunktion. Durch regelmäßige Kontrolle des Bewegungsausmaßes und tägliches Trainieren des vollen Bewegungsumfanges kann ein zunehmender Bewegungsverlust und eine Einsteifung des arthrotischen Gelenkes vermieden werden. Kälte oder Wärme kommen je nach Aktivitätsgrad der Arthrose zur Anwendung (Physikalische Therapie, Kryotherapie). Bei der aktivierten Arthrose mit Überwärmung des Gelenks, Schwellung und Ergußbildung wird oft die Kälte als angenehmer empfunden (zur richtigen Anwendung der Kältebehandlung siehe Physikalische Therapie, Kryotherapie). Stehen Steifigkeit, muskelkaterähnliche Schmerzen und ein dumpfer Schmerz im Vordergrund, hilft die Wärme oft besser.
Bei der medikamentösen Therapie unterscheidet man die rein schmerzlindernde Behandlung mit Schmerzmitteln (Analgetika z.B. Paracetamol, Metamizol, Tramadol) von der schmerzlindernden und entzündungshemmenden Behandlung. Eine entzündungshemmende Therapie ist besonders bei der aktivierten Arthrose sinnvoll (z.B. Diclofenac, Ibuprofen o.ä., cortisonfreie Entzündungshemmer, COX-2-Hemmer). Es gibt zunehmend positive Berichte über die günstige Wirkung von Vitamin E bei Arthrose. Viele Patienten benötigen nach einer gewissen Zeit neben Vitamin E keine weiteren Medikamente.
Gute Erfahrungen bestehen auch mit Injektionen von künstlicher Gelenkflüssigkeit (Hyaluronsäure) ins Gelenk.
Bei schweren Arthrosen mit erheblicher Einschränkung der Mobilität und der Lebensqualität sollte eine Operation (künstlicher Gelenkersatz) nicht zu lange hinausgeschoben werden. Sie bringt gerade bei schweren Arthrosen der Kniegelenke eine überzeugende Erleichterung. Die Patienten sagen oft, daß sie mit einer solchen Operation ein neues Leben geschenkt bekommen haben.
3. Knieschmerz als Folge einer Chondropathia patellae
Die Chondropathia patellae ist eine Veränderung des Gelenkknorpels auf der Kniescheibe. Sie tritt vor allem bei Heranwachsenden auf und äußert sich durch Schmerzen in den Knien, die besonders verstärkt werden, wenn im Kniegelenk der Anpreßdruck auf die Kniescheibe zunimmt. Ganz typische Schmerzauslöser und Schmerzverstärker bei einer Chondropathia patellae sind langes Sitzen mit gebeugten Knien, z.B. im Kino oder bei längeren Autofahrten. Weiterhin typisch sind Schmerzen beim Treppensteigen.
Diagnostik
Sehr gute Hinweise auf eine Chondropathia patellae liefert bereits die Frage nach den typischen Symptomen. Die Diagnose wird dann durch spezielle Untersuchungstechniken der Kniescheibe abgesichtert. An apparativer Diagnostik kommt vor allem das Röntgenbild mit einer speziellen Patella-Aufnahme zum Einsatz (siehe unter Chondropathia patellae).
Therapie
Wichtig ist eine Vermeidung auslösender Faktoren, insbesondere von allen Belastungen des Kniegelenks, die mit einem hohen Anpreßdruck für die Kniescheibe einhergehen. Dazu zählt auch die Empfehlung, auf Schuhe mit hohen Absetzen zu verzichten (oder sie wenigstens nur zu besonderen Anlässen zu tragen). Oft besteht zusätzlich eine entzündliche Kompomente, die ggf. durch Gabe von cortisonfreien Entzündungshemmern behandelt werden muß. Einen wesentlichen Stellenwert hat die krankengymnastische Therapie mit dem Ziel einer Entlastung des sogenannten retropatellaren Gleitlagers und einem Auftrainieren von Muskelgruppen, die das Kniegelenk und speziell die Kniescheibenhinterfläche schützen.
4. Knieschmerz als Folge von Überlastungen
Der Knieschmerz als Folge von Überlastungen äußert sich ähnlich wie der Knieschmerz bei Gelenkverschleiß. Der Unterschied zum Gelenkverschleiß besteht zum einen darin, daß der Schmerz nach einer akuten Überlastung nach einer gewissen Zeit wieder abklingt und nicht wieder auftritt, wenn sich die entsprechende Überlastung nicht wiederholt. Außerdem sind bei Überlastungen des Knies oft ganz spezielle Strukturen betroffen, so daß sich der Schmerz häufig auch nur an ganz speziellen Stellen abbildet, während bei der Arthrose oft das ganze Knie schmerzt.
Typische Beispiele für überlastungsbedingte Knieschmerzen sind Schmerzen an den Sehnenansätzen, vor allem an der Knieinnenseite am pes anserinus oder an der Kniescheibe (Patellaspitzen-Syndrom). Oft gehen sie mit begleitenden Schleimbeutelentzündungen im Bereich der überlasteten Strukturen einher (Bursitis).
Häufig ist eine Bursitis infrapatellaris. Zu einer Bursitis infrapatellaris kommt es u.a. nach Belastungen des Kniegelenks in gebeugter Stellung, die mit einem hohen Anpreßdruck der Patellarsehne einhergeht (Patella = Kniescheibe, die Patellarsehne ist die Sehne, die am Schienbein ansetzt und über die Kniescheibe in den großen Oberschenkelmuskel mündet). Typische Auslöser einer Bursitis infrapatellaris sind längere Arbeiten im Knieen, z.B. beim Fliesenlegen oder ähnlichen Arbeiten; die Bursitis infrapatellaris ist deshalb auch eine häufige Problematik bei Fliesenlegern oder anderen Handwerkern, die viel in knieender Stellung arbeiten. Desweiteren tritt eine Bursitis infrapatellaris oft bei Sportlern auf.
5. Knieschmerz als Folge einer Gelenkentzündung
Knieschmerz als Folge einer Gelenkentzündung ist durch den charakteristischen entzündlichen Schmerz einer Arthritis gekennzeichnet. Der entzündlicher Schmerz äußert sich typischerweise durch das Auftreten und / oder eine Verstärkung in Ruhe und eine Verringerung unter Bewegung. Starke Entzündungen gehen mit einem Nachtschmerz einher. Ein weiteres Kennzeichen einer Entzündung ist eine ausgeprägte Morgensteifigkeit.
Eine Kniegelenksarthritis kann sehr viele Ursachen haben. Für die ersten diagnostischen Überlegungen ist es zum einen wichtig, ob im Rahmen der Arthritis nur das Kniegelenk betroffen ist (Monarthritis) oder daneben eine Arthritis auch in anderen Gelenken vorliegt (Oligoarthritis oder Polyarthritis). Weiterhin bedeutsam ist, ob sich die Arthritis akut oder schleichend entwickelt hat (akute Arthritis, chronische Arthritis).
Akute Arthritis des Kniegelenks
Eine akute Arthritis tritt sehr plötzlich, manchmal geradezu mit einer explosiven Plötzlichkeit innerhalb von Minuten bis Stunden auf und geht mit ganz ausgeprägten Entzündungszeichen einher. Sie macht sehr starke Schmerzen bis hin zu Berührungsschmerzen, so daß man z.B. die Bettdecke nicht auf dem Gelenk ertragen kann. Oft besteht eine starke Überwärmung, Rötung, Schwellung und Ergußbildung.
Typische Beispiele für eine akute Arthritis des Kniegelenks sind die Kristallarthropathien (vor allem der akute Pseudogichtanfall (Chondrokalzinose) und der akute Gichtanfall (Gicht). Seltener ist bei einer akuten Arthritis des Kniegelenks auch an das Löfgren-Syndrom zu denken, das eher die Sprunggelenke betrifft.
Hochakut verlaufen alle Gelenkinfektionen (bakterielle Arthritis, septische Arthritis). Das Kniegelenk ist für Gelenkinfektionen relativ anfällig. Bei sonst Gesunden, vor allem auch jungen Menschen ist an die Möglichkeit einer Gonorrhoe (Tripper) zu denken, bei der es zu einer Gonokokkeninfektion von Gelenken mit bevorzugter Manifestation am Kniegelenk kommen kann. Bei Patienten mit vorgeschädigtem Kniegelenk (Arthrose, Arthritis) kann sich eine Infektion des Kniegelenkes über die Blutbahn oder die Lymphwege entwickeln. Ausgangspunkt der Infektion und Eintrittspforte der Keime sind oft kleine Verletzungen im Bereich der Füße. Besonders gefährdet sind Patienten mit einer Abwehrschwäche oder einer verringerten Immunantwort, z.B. bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), unter Therapie mit Cortison oder Immunsuppressiva oder bei entzündlich-rheumatischen oder immunologischen Systemerkrankungen. Weitere Risikopatienten sind Patienten mit einer Gefühlsstörung in den Füßen, z.B. in der Folge einer Polyneuropathie. Sie merken oft nicht, daß sie sich eine kleine Verletzung zugezogen haben, die sich in der Folge entzündet hat und vereitert ist. Besondere Vorsicht gilt bei allen diesen Patienten auch bei der Fußpflege, bei der unbedingt Verletzungen vermieden werden müssen.
Subakute Arthritis des Kniegelenks
Eine subakute Arthritis des Kniegelenks entwickelt sich nicht ganz so rasant wie die akute oder sogar hochakute Arthritis. Sie beginnt oft mit ersten, ganz geringen Symptomen, z.B. kurzdauernden stechenden Schmerzen im Kniegelenk oder einem auch etwas länger anhaltenden Ziehen, das dann aber zunächst wieder verschwindet. Nach diesen Anfangssymptomen kommt es dann aber innerhalb von ein bis zwei Tagen, manchmal vielleicht auch etwas später, zu Beschwerden, die dann der oben beschriebenen akuten Arthritis sehr ähneln.
Eine häufige Ursache für eine subakute Arthritis des Kniegelenks sind Erkrankungen aus der Gruppe der seronegativen Spondarthritiden, speziell auch die infektreaktiven Arthritiden. Bei Frauen ist an einen systemischen Lupus erythematodes zu denken, der nicht selten mit einer isolierten Arthritis des Kniegelenks einhergeht, weiterhin an andere Erkrankungen aus dieser Gruppe der Kollagenosen.
Bei Kindern kann eine juvenile Arthritis (vor allem die Oligoarthritis) mit einer Kniegelenksarthritis beginnen.
Bei Kindern und Jugendlichen aus dem Mittelmeerraum geht das familiäre Mittelmeerfieber häufig mit einer z.T. akuten, z.T. hochakuten, z.T. eher subakuten Kniegelenksarthritis einher.
Bei einer isolierten Kniegelenksarthritis sollte weiterhin immer auch an die Möglichkeit einer Borreliose gedacht werden.
Chronische Arthritis des Kniegelenks
Eine chronische Arthritis entwickelt sich normalerweise langsamer als die akute Arthritis und beginnt häufig eher schleichend.
Eine isolierte chronische Arthritis am Kniegelenk (chronische Monarthritis des Kniegelenks) ist nicht so häufig wie einer Kniegelenksbeteiligung im Rahmen einer Oligoarthritis oder einer Polyarthritis.
Liegt tatsächlich eine isolierte chronische Monarthritis des Kniegelenks vor, sollte man vor allem an folgende Möglichkeiten denken:
- Lyme-Arthritis (Borreliose)
- Psoriasisarthritis
- Chondrokalzinose-Arthritis
- seronegative Spondarthritiden
- systemischer Lupus erythematodes und andere Kollagenosen
bei Kindern:
- juvenile chronische Arthritis
- juvenile Psoriasisarthritis
- juvenile Spondarthritis
- infektreaktive Arthritis
- Lyme-Arthritis (Borreliose)
seltene Ursachen:
- Sarkoidose (Arthritis im Zusammenhang mit einer chronischen Verlaufsform der Sarkoidose)
- bakterielle Arthritis mit einem sehr wenig aggressiven und langsam wachsenden Keim (z.B. Staphylokokkus epidermidis)
- tuberkulöse Arthritis
6. Seltenere / seltene Ursachen von Knieschmerzen
Eine seltene Ursache von Knieschmerzen sind nicht-verletzungsbedingte Frakturen, z.B. im Rahmen einer Osteomalazie oder einer Osteoporose, Knocheninfarkte (aseptische Knochennekrosen) und Tumoren.
Aseptische Knochennekrosen im Bereich des Kniegelenks haben verschiedene Ursachen. Sie wurden am Knie vor allem im Zusammenhang mit Vaskulitiden, chronischen Arthritiden des Kniegelenks und mit chronischem Alkoholismus gesehen.
Bösartige Tumoren des Gelenks selber sind extrem selten. Ebenso extrem selten sind Absiedlungen ("Metastasen") von bösartigen Tumoren in einem Gelenk. Häufiger (wenn insgesamt glücklicherweise aber auch ziemlich selten) sind Knochentumoren, z.B. Osteosarkome, die dann aber in der Regel nicht das Gelenk, sondern den Oberschenkel- oder Unterschenkelknochen befallen.
Ein relativ seltener gutartiger Tumor des Gelenks ist die villonoduläre Synovitis. Sie tritt vor allem am Kniegelenk auf. Die villonoduläre Synovitis ist eine seltene Form einer Gelenkentzündung, bei der es zu ausgedehnten Wucherungen der Gelenkinnenhaut kommt. Wenn man einen Patienten mit einem unklaren Kniegelenkserguß punktiert und gewinnt bei der Gelenkpunktion ein dunkelbraunes Punktat, sollte man an die Möglichkeit einer villonodulären Synovitis denken. Therapie der Wahl ist die Gelenkspiegelung (Arthroskopie) mit operativer Entfernung der Wucherungen (Synovialektomie).