Interleukin-1 (IL-1)
Interleukin-1 (IL-1) ist eine körpereigene Substanz aus der Gruppe der Zytokine, speziell der Interleukine, und spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von rheumatischen Entzündungen und bei der rheumatischen Gelenkschädigung. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis wird IL-1 in erhöhtem Maße vom Körper produziert und findet sich vor allem in den entzündeten Gelenken.
Bei der rheumatoiden Arthritis spielt es eine zentrale Rolle bei der Auslösung von entzündlichen Prozessen auf Gewebsniveau, d.h. vor Ort beispielsweise in einem betroffenen Gelenk, und bei der Regulation der Immunantwort. Außerdem ist Interleukin-1 wesentlich bei der Aktivierung von sogenannten synovialen Fibroblasten beteiligt. Synoviale Fibroblasten sind Bindegewebszellen in der Gelenkinnenhaut, die bei der rheumatoiden Arthritis den entzündlichen Pannus bilden. Dieser Pannus wuchert fast tumorartig in das Gelenk hinein, überzieht den Knorpel und dringt in den Knochen ein und ist mit fortschreitender Erkrankung für die entzündlich bedingte Schädigung des Gelenks verantwortlich.
Interleukin-1 hat darüber hinaus eine direkte Wirkung auf Knorpelzellen, die dazu führt, dass die Knorpelzelle unter dem Einfluss von Interleukin-1 bestimmte Enzyme freisetzt, sogenannte Proteasen. Diese Proteasen sind in der Lage, die Grundbestandteile des Knorpels, vor allem die Proteoglykane und das Kollagen, durch chemische Prozesse anzudauen und aufzulösen. Unter dem Einfluss von Interleukin-1 beginnt die Knorpelzelle damit, um sich herum ihre eigene Matrix zu zerstören.
Außerdem spielt Interleukin-1 eine wichtige Rolle bei der Ausdifferenzierung von sogenannten Osteoklasten aus Vorläuferzellen. Osteoklasten (von griech. osteo- = Knochen und – klast.. = „Klauer“, Abbau) sind Spezialzellen, die bei der normalen Erneuerung der Knochensubstanz im Körper zunächst den alten Knochen abräumen, bevor dann der Osteoblast (-blast... = „Bauer“, Aufbau) den Knochen wieder aufbaut.
In einem entzündeten Gelenk führt die Aktivierung von Osteoklasten durch Interleukin-1 dazu, daß der Knochen unplanmäßig abgebaut wird; gleichzeitig kommt es in Anwesenheit des entzündlichen Pannus dazu, daß dieser an der Stelle der Knochenlücke in den Knochen vordringt und dadurch die normalerweise ablaufende Reparatur verhindert. In einem Röntgenbild von einem Gelenk mit rheumatoider Arthritis erkennt man diesen Prozess zunächst an einer sogenannten gelenknahen à Osteoporose. Im weiteren Verlauf führt die zunehmende Invasion des Pannus dann zu einer regelrechten Zerstörung der knöchernen Struktur, die vom Rand des Gelenks her ausgeht und sich röntgenologisch in Form sogenannter marginaler Usuren, d.h. randständigen Knochendefekten, äußert (margo = lat. Rand).
In der Zusammenschau aller dieser durch Interleukin-1 vermittelten Effekte ist dieses Zytokin damit der zentrale „Gameplayer“ vor allem bei der entzündlichen Gelenkdestruktion.
Interleukin-1 hat darüber hinaus weitere pro-inflammatorische Eigenschaften. So gehört IL-1 ebenso wie TNF-alpha zu der Gruppe der Zytokine, die die Bildung des Entzündungsenzyms Cyclooxygenase 2 (COX-2) initieren und / oder verstärken können. Weiterhin kann IL-1 die Bildung eines weiteren entzündlich wirkenden Enzyms einleiten, nämlich der induzierbaren Stickoxid-Synthetase (iNOS). In entsprechenden Experimenten konnte in Zellkulturen nachgewiesen werden, daß Zellen unter dem Einfluß von IL-1 die Entzündungsmediatoren Prostaglandin E2 (PGE2) und Stickoxid (NO) produzieren.
Behandlungsansätze bei der rheumatoiden Arthritis gehen dahin, die Wirkungen von IL-1 durch seinen natürlichen Gegenspieler, den sogenannten Interleukin-1-Rezeptor-Antagonisten (IL-1Ra), aufzuheben. IL-1Ra steht als Anakinra (Handelsname z.B. Kineret) in medikamentöser Form zur Verfügung.