Infektionen und Arthritis
Man muß drei verschiedene Möglichkeiten unterscheiden, wie eine Infektion mit rheumatischen Symptomen oder einer Arthritis im engeren Sinne zusammenhängt.
1. Die Infektion betrifft das Gelenk selber. In diesem Fall spricht man von einer septischen Arthritis (auch von einem Gelenkempyem oder einer eitrigen Arthritis). Die Infektion kann entweder dadurch in das Gelenk gelangen, daß die Erreger (vor allem Bakterien, bakterielle Arthritis, selten auch Pilze oder andere Erreger) durch eine Verletzung in das Gelenk eindringen. Dies müssen tiefe Verletzungen sein, z.B. bei Unfällen oder Stichverletzungen. Eine gefürchtete Ursache einer septischen Arthritis ist die Infektion durch eine Gelenkpunktion oder eine Injektion (Einspritzung) in das Gelenk). Diese Komplikation darf nicht passieren, leider werden aber immer wieder einmal Patienten in die Klinik eingewiesen, bei denen es doch nach einer solchen Maßnahme zu einer Gelenkinfektion gekommen ist. Häufigste Ursache ist mangelnde Sterilität (unsauberes Arbeiten, nicht ausreichende Desinfektion vor der Punktion etc.). Sehr selten kommt es zu Gelenkinfektionen auch nach operativen Eingriffen. Gefährdet sind dazu Patienten mit Immundefekten, Wundheilungsstörungen oder anderen Vorerkrankungen oder Anlagen, die Infektionen begünstigen.
Eine andere Ursache für eine direkte Infektion des Gelenks durch Bakterien oder andere Erreger ist das Eindringen dieser Keime über die Blutbahn. Dies kann z.B. über eine ganz kleine Eintrittspforte geschehen, die der Patient oft gar nicht bemerkt hat oder über eine völlig unbedeutende Verletzung, an die der Patient sich oft gar nicht mehr erinnert (z.B. eine kleine Fußverletzung oder einen Stich an einem Dorn). Von dort aus gelangen dann die Keime über das Blut in das Gelenk.
Eine bakterielle Arthritis unterscheidet sich normalerweise von anderen Ursachen einer Gelenkentzündung dadurch, daß sie ein sehr akutes Bild macht (akute Arthritis). Dies bedeutet in der Regel sehr starke Schmerzen (typisch ist eine extreme Berührungsempfindlichkeit), eine starke Überwärmung des Gelenks und eine deutliche Rötung. Es kommt gleichzeitig durch den schweren entzündlichen Prozeß innerhalb von kürzester Zeit zu einer starken Funktionsbeeinträchtigung und, in Abhängigkeit von den Erregern, auch innerhalb von kürzester Zeit zu einer Zerstörung des Gelenks (zunächst des Knorpels, dann auch des Knochens). Sehr häufig geht eine infektiöse Arthritis auch mit Fieber einher.
Wichtig zu wissen ist, daß eine bakterielle oder andere infektiöse Arthritis bei Patienten mit einer vorbestehenden rheumatischen Erkrankung (z.B. chronische Polyarthritis) ganz anderes aussehen kann. Vor allem wenn diese Patienten ein Medikament bekommen, daß das Immunsystem beeinträchtigt (Immunsuppressiva), dies gilt auch für Cortison in höheren Dosierungen, kann das Bild der bakteriellen Arthritis ganz anders aussehen. So fehlen oft die geschilderten hochakuten Entzündungszeichen, auch kommt es oft nicht zu Fieber, das ja sonst ganz typisch für eine Infektion mit Bakterien ist, oder es fehlen die typischen Entzündungszeichen im Blutbild (z.B. starker Anstieg der weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Bei Verdacht auf eine bakterielle Arthritis sollte daher umgehend ein spezialisierter Rheumatologe aufgesucht werden, da dieses Krankheitsbild eine lebensgefährliche Komplikation sein kann.
2. Die Infektion geht mit Gelenksymptomen oder sogar einer Arthritis einher, ohne daß es zu einer Gelenkinfektion kommt. Entscheidend ist für eine solche "parainfektiöse" (para = griech. neben) Arthritis, daß sie praktisch zeitgleich oder sehr zeitnah mit der Infektion auftritt. Häufigste Ursache einer parainfektiösen Arthritis sind Virusinfekte (virale Arthritiden). Fast jeder kennt die Muskel- und Gelenkschmerzen im Zusammenhang mit einer Virusgrippe. Einige Virusinfekte können über die Gelenkschmerzen ("Arthralgien") hinaus zu Gelenkschwellungen und auch Gelenkergüssen führen, also dem typischen Bild einer Arthritis. Zu diesen Viren gehören das Ringelröteln-Virus (Parvovirus B19), das Rötelnvirus, das Mumpsvirus, darüber hinaus Epstein-Barr-Virus (unter anderem Erreger des Pfeiffer'schen Drüsenfiebers), Cytomegalievirus, aber auch einige Hepatitis-Viren und das HIV-Virus (Erreger von AIDS), daneben seltener noch weitere Viren einschließlich "exotischer" Viren, die man sich im Rahmen einer Fernreise zuziehen kann. Üblicherweise klingen die Gelenksymptome mit dem Ausheilen der Virusinfektion ab. Es gibt allerdings auch chronische virale Infekte, die dann auch zu chronischen Gelenkentzündungen führen können.
3. Die Infektion geht in einem zeitlichen Abstand der Arthritis voraus. In diesem Fall spricht man von einer infektreaktiven Arthritis. Infektreaktive Arthritiden treten meist nach bakteriellen Infektionen auf. Eine infektreaktive Arthritis ist im Gegensatz zu einer septischen Arthritis dadurch charakterisiert, daß sich im Gelenk selber keine Erreger anzüchten lassen. Der Ort der Infektion ist bei der infektreaktiven Arthritis also nicht das Gelenk selbst, sondern eine andere Stelle im Körper.