Viertes Hohenheimer Ernährungsgespräch zeigt: Viele Menschen in Deutschland sind mit Mikronährstoffen unterversorgt - Risiko wird oft übersehen
Entgegen vieler anderslautender Botschaften aus Fachkreisen kommen Experten der „Hohenheimer Ernährungsgespräche“ zu dem Ergebnis: Alte Menschen, junge Frauen und Kinder aus gering verdienenden Familien leiden oft am Mangel von Mikronährstoffen wie Calcium, Vitamin D, Folsäure, Vitamin E, Zink und Selen.
Professor Dr. Hans-Konrad Biesalski, Ernährungsmediziner der Universität Hohenheim, sieht die Ursache der partiellen Unterversorgung in mangelnder Aufklärung, hervorgerufen durch fehlende Bereitschaft, den Mangel offen zu thematisieren.
Die Ernährungsgespräche sind ein Beitrag im Rahmen des Themenjahres 2011 „Universität Hohenheim – stark durch Kommunikation“.
Eine Unterversorgung mit bestimmten Mikronährstoffen, darin sind sich die Experten des vierten „Hohenheimer Ernährungsgesprächs“ am 16. Mai 2011 einig, kann bedenklich und gesundheitsgefährdend werden.
Wie viel Vitamin D und Calcium insbesondere ältere Menschen brauchen, beleuchtete Prof. Dr. Heike A. Bischoff-Ferrari, Leiterin des Zentrums für Alter und Mobilität der Universität Zürich. Ab dem 60. Lebensjahr rät sie in Übereinstimmung mit der International Osteoporosis Foundation generell zur Einnahme von Vitamin D.
Klinisch belegt sei, dass die ergänzende Vitamin-D-Einnahme Knochenbrüchen vorbeugen könne, und die Sturzgefahr durch positive Auswirkungen des Vitamins auf die Muskulatur gemindert werde. Klinische Studien hätten aber auch gezeigt, dass Knochenbrüche nicht vermindert auftreten, wenn nur Calcium eingenommen werde. Hochdosierte Calcium-Einnahmen mit 1000 mg am Tag und mehr könnten als Monotherapie für die Herzblutgefäße sogar riskant sein.
Auf die Folgen der Unterversorgung mit Zink wies Dr. Hajo Haase vom Institut für Immunologie am Universitätsklinikum der RWTH Aachen in seinem Vortrag „Think zinc“ hin. Bis zu 40 Prozent der Weltbevölkerung leiden möglicherweise an Zinkmangel. Nach Einschätzung der WHO (World Health Organization) sei dieser Mangel weltweit und insbesondere in den Entwicklungsländern eine führende Ursache für den Verlust gesunder Lebensjahre.
Bei Unterversorgung mit dem wichtigen Spurenelement kann es zu erhöhter Anfälligkeit für Erkrankungen, insbesondere Infektionskrankheiten, kommen. Mangelernährung, Entzündungen und fortgeschrittenes Alter gelten auch in Deutschland als Verursacher des Zink-Mangels.
Und ein weiteres essentielles Spurenelement steht auf der Mangelliste: Selen werde in Mitteleuropa zu wenig durch Nahrung aufgenommen, so Prof. Dr. Josef Köhrle von der Humboldt Universität Berlin. Er ist wissenschaftlicher Leiter am Institut für Experimentelle Endokrinologie der Charité - Universitätsmedizin Berlin.
Die Versorgung liege hier am unteren Ende der Empfehlungen, warnte der Experte. „Immer noch sind nicht alle Selenproteine in ihrer biologischen Funktion bekannt und weitere Forschung ist hier von großer Bedeutung“ betont Prof. Dr. Köhrle.
Bekannt sei, dass Selenproteine an wichtigen biologischen Prozessen in der Schilddrüse, bei der Fruchtbarkeit des Mannes, in der neuronalen Entwicklung, Muskelfunktion oder Immunabwehr sowie bei der Tumorbildung beteiligt sind. Interessanterweise wirke Selen bei Frauen und Männern unterschiedlich. Für beide gilt: Sowohl Selenmangel als auch zu hohe Selenzufuhr schaden.
Hintergrund: Hohenheimer Ernährungsgespräche
Es gibt kaum einen Menschen, der zum Thema Ernährung nicht eine Meinung hat. Doch in Grundsatzdebatten und oft vordergründigen Diskussionen, etwa beim Thema Übergewicht bis hin zum Ruf nach Gesetzesregelungen, wird meist übersehen: In Deutschland gibt es tatsächlich Risikogruppen, die allgemein schlecht ernährt sind oder an Unterversorgung von einzelnen wichtigen Mikronährstoffen leiden.
Um sachlich korrekte und unabhängige Informationen zum Thema Ernährung verständlich aufzubereiten, führt Gastgeber Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski, Direktor des Instituts für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaften der Universität Hohenheim, in den „Hohenheimer Ernährungsgesprächen“ ausgewiesene Fachvertreter zusammen, die fachlich kompetent, erfahren, glaubwürdig und unabhängig sind. Veranstaltungsort ist die Universität Hohenheim, die mit ihrem ganzheitlichen Forschungskonzept der Agrar- und Ernährungswissenschaften im Rahmen der Food-Chain eine bundesweit einzigartige Kompetenz aufweisen kann.
Quelle: Pressemitteilung Jana Tinz, Universität Hohenheim, Institut für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaft
weitere Informationen zu den Hohenheimer Ernährungsgesprächen bei rheuma-online:
Freitag, 15.05.2009
Unzureichende Versorgung mit Vitamin D in Deutschland