Britta: Mein Arzt hat bei mir chronische Polyarthritis festgestellt und sagte, es wäre seropositiv, und empfahl mir, eine Basistherapie anzufangen. Ich habe aber grosse Angst vor den Nebenwirkungen. Und was bedeutet es für mich, wenn ich seropositiv bin?

Antwort: Bei der Diagnose einer chronischen Polyarthritis ist das Allerwichtigste eine rasch eingeleitete, wirksame Therapie. Unbehandelt führt diese Erkrankung sehr häufig zu einer fortschreitenden Zerstörung von Knochen und Gelenken und kann sich im weiteren Verlauf sogar auf die inneren Organe ausweiten. Bei der chronischen Polyarthritis sind die schlimmsten "Nebenwirkungen" im Regelfall die kommenden Auswirkungen der Krankheit selber, nicht die möglichen Nebenwirkungen, die bei einer Therapie auftreten können (nicht müssen!).

Bei der Therapieeinleitung kommt es dabei vor allem auf Schnelligkeit an. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen wissen wir, dass es schon bei einer zeitlichen Verzögerung von wenigen Monaten zu irreparablen, später nicht mehr gut zu machenden Schäden an den Knochen und Gelenken kommen kann. Optimal ist die Einleitung einer langwirksamen antirheumatischen Therapie (früher sogenannte Basistherapie) unmittelbar mit der Diagnosestellung. Wenn ein zeitliches Fenster von 4 Monaten nach Diagnosestellung überschritten wird und erst danach mit der Basistherapie begonnen wird, wirkt sich dieses auch nach Jahren noch auf den weiteren Krankheitsverlauf aus.

Bei einer frühzeitig eingeleiteten und gut wirksamen Therapie sind im günstigsten Falle vollständige Remissionen der Erkrankung zu erzielen; die Rheumatologen denken heute sogar schon daran, dass es im besten Falle sogar zu einer endgültigen Heilung kommen kann. Dies kann und darf man allerdings einem Patienten derzeit noch nicht versprechen, außerdem darf man ihm in dieser Hinsicht noch keine zu großen Hoffnungen machen. Hoffnungen machen darf man heute aber, dass bei einer gut behandelten chronischen Polyarthritis im Idealfall die Erkrankung so weit zurückgedrängt werden kann, dass sich viele Patienten (allerdings unter einer Therapie mit Basismedikamenten) mehr oder weniger vollständig gesund fühlen.

Seropositiv heisst bei der chronischen Polyarthritis, dass der Rneumafaktor im Blut nachweisbar ist. Dies ist bei etwa 50% der Patienten mit einer chronischen Polyarthritis der Fall. Früher hat man geglaubt, dass der Verlauf bei seropositiven Patienten ungünstiger ist als bei seronegativen, d.h. dass die Erkrankung schneller fortschreitet, sich schwerer behandeln lässt und dass es auch in einem höheren Ausmass zu Organbeteiligungen kommt. Dies wird heute zunehmend anders gesehen; es gibt auch bei seronegativen Patienten sehr ungünstige Verläufe, und bei einer guten antirheumatischen Therapie unterscheidet sich der Verlauf bei seropositiven Patienten nicht von dem bei seronegativen.

Ob eine Therapie wirksam genug ist, kann mit Hilfe eines Krankheits-Aktivitäts-Scores überprüft werden. Wir haben dazu in rheuma-online eine elektronische Version eines solchen Instruments entwickelt, die der Patient selber oder zusammen mit seinem Arzt durchführen kann. Für das Monitoring der Krankheitsaktivität im Verlauf und eine Überprüfung, ob die eingesetzten Medikamente ausreichend wirken, gibt es in rheuma-online das OMORA-Programm (online-Monitoring der rheumatoiden Arthritis; die chronische Polyarthritis heisst im angloamerikanischen Raum und in den neuen Bundesländern rheumatoide Arthritis).

Zur chronischen Polyarthritis und zur Basistherapie ("langwirksame antirheumatische Therapie") empfehle ich für weiterführende, ausführliche Informationen im übrigen die Lektüre der entsprechenden Stichworte in Rheuma von A-Z.

Hinsichtlich der Basistherapie, ihrer Wirksamkeit und zu möglichen Nebenwirkungen, auch zur Frage der Nutzen- und Risiko-Abwägung, gibt es im Forum (Erfahrungsaustausch) eine sehr große Anzahl von Beiträgen von Betroffenen selber. Auch hier kann ich Ihnen sehr die intensive Lektüre dieser Beiträge ans Herz legen.

Experte: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer