Wechsel von Cortison auf Arava?
Mich würde sehr interessieren, ob man trotz guter Verträglichkeit von Cortison auf Arava wechseln sollte. Da ich Angst vor den Nebenwirkungen bei Cortison habe, würde ich sehr gerne Arava ausprobieren. Leider habe ich noch keinen Arzt gefunden, der Arava kennt, bzw. es mir wegen der Nebenwirkungen nicht verschreibt. Hat Cortison nicht die schlimmeren Nebenwirkungen?
Bei der medikamentösen Therapie rheumatischer Erkrankungen unterscheidet man 4 bzw. in jüngster Zeit 5 unterschiedliche Behandlungsansätze:
- Schmerzmittel (Analgetika)
- Cortisonfreie Entzündungshemmer (nicht-steroidale Antirheumatika, NSAR)
- Cortison (Steroide, Corticosteroide)
- Langwirksame Antirheumatika (früher so genannte Basismedikamente oder Basistherapeutika, Basistherapien)
- Krankheitskontrollierende Medikamente
Die verschiedenen Medikamentengruppen haben unterschiedliche Wirkungen und damit auch unterschiedliche therapeutische Zielsetzungen. Ihre Anwendung erfolgt deshalb oft auch gleichzeitig, z.B. gibt man häufig neben langwirksamen Antirheumatika zusätzlich noch cortisonfreie Entzündungshemmer und/oder Cortison. Moderne Konzepte der Rheumabehandlung zeichnen sich dadurch aus, dass verschiedene Methoden miteinander kombiniert werden. Der Erfolg der Behandlung hängt wesentlich davon ab, für die unterschiedlichen Krankheitsbilder und Krankheitssituationen die jeweils richtige Behandlungskombination zusammenzustellen. Für jeden einzelnen Patienten muss seine individuelle Therapie quasi "maßgeschneidert" zugeschnitten werden.
Schmerzmittel (Analgetika)
Schmerzmittel (Analgetika) wirken nur auf den Schmerz. Die übrigen Symptome einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung wie beispielsweise Gelenkschwellungen oder Morgensteifigkeit werden von ihnen nicht beeinflusst. Beispiele für häufig in der Rheumatologie eingesetzte reine Schmerzmittel sind Paracetamol (z.B. Benuron), Metamizol (z.B. Novalgin), Tramadol (z.B. Tramal) oder Tilidin (z.B. Valoron N).
Cortisonfreie Entzündungshemmer (nicht-steroidale Antirheumatika, NSAR)
Cortisonfreie Entzündungshemmer (nicht-steroidale Antirheumatika, NSAR) wirken auf die Entzündung „vor Ort“, d.h. sie haben einen Einfluss auf die lokalen entzündlichen Symptome wie Gelenkschwellung, Überwärmung und Steifigkeit, gleichzeitig haben sie eine positive Wirkung auf den entzündlich bedingten Schmerz. Sie haben aber keinen Einfluss auf die sogenannte „systemische Entzündung“, d.h. die im Blut messbare Entzündung, wie sie sich z.B. in einer erhöhten Blutsenkungsgeschwindigkeit („hohe Blutsenkung“, BSG) oder in einem erhöhten c-reaktiven Protein (CRP) bemerkbar macht. Auch die übrigen systemischen Zeichen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung wie allgemeine Leistungsminderung, Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme u.a. werden von cortisonfreien Entzündungshemmern nicht beeinflusst.
Beispiele für häufig in der Rheumatologie eingesetzte cortisonfreie Entzündungshemmer sind Diclofenac (z.B. Voltaren), Ibuprofen (z.B. Anco, Dolgit, Imbun), Piroxicam (z.B. Felden) oder auch die neuen COX-2-Hemmer Rofecoxib (Vioxx) oder Celecoxib (Celebrex).
Corticosteroide (Cortison)
Cortison ist der stärkste Entzündungshemmer, den wir derzeit kennen. Cortison wirkt auf die Entzündung vor Ort ebenso wie auf die systemische Entzündung und hat neben den positiven Auswirkungen auf die entzündungsbedingten Schmerzen auch eine günstige Wirkung auf die Allgemeinsymptome der Erkrankung. Bei den Blutuntersuchungen sieht man unter einer Cortisongabe einen raschen Rückgang der im Blut messbaren Entzündung. So kommt es unter einer ausreichend hohen Dosierung zu einer Normalisierung der Blutsenkung, des c-reaktiven Proteins und anderer Entzündungswerte (z.B. der Serum-Elektrophorese oder der Immunglobuline). Auch erhöhte Rheumafaktoren können sich unter Cortison verringern; manchmal sieht man sogar ein Verschwinden der Rheumafaktoren.
Da allerdings der Rheumafaktor nicht identisch mit der Diagnose „Rheuma“ ist, bedeutet das Verschwinden der Rheumafaktoren unter Cortison nicht, dass damit eine Heilung der Erkrankung eingetreten ist. In der Regel kommt es nämlich nach Absetzen des Cortisons wieder zu einer Rückkehr der Symptome und der entzündlichen Veränderungen im Blut.
Ebenso ist Cortison alleine nicht in der Lage, die Veränderungen der chronischen Entzündung beispielsweise am Gelenkknorpel oder am Knochen aufzuhalten. So werden unter einer Therapie nur mit Cortison die im Röntgenbild sichtbaren Schäden einer chronischen Arthritis, z.B. eine Verminderung des Gelenkspalts oder das Entstehen sogenannter Erosionen oder Usuren nicht verhindert.
Beispiele für häufig in der Rheumatologie eingesetzte Cortisonpräparate sind Prednison bzw. Prednisolon (z.B. Decortin, Decortin H), Methylprednisolon (z.B. Urbason), Fluocortolon (z.B. Ultralan) oder Cloprednol (z.B. Syntestan).
Langwirksame Antirheumatika (LWAR, Basistherapeutika, remissionsinduzierende Substanzen)
Langwirksame Antirheumatika ist der heute verwendete Begriff für die früher so genannten Basismedikamente. Im angloamerikanischen Sprachraum wird dafür auch der Begriff der krankheitsmodifizierenden Substanzen verwendet (DMARD´s = disease modifying antirheumatic drugs). Wir selber verwenden dafür zunehmend auch den Begriff der remissionsinduzierenden Substanzen (RID´s = remission inducing drugs), da diese Substanzen in der Absicht gegeben werden, eine Remission der Erkrankung, d.h. einen Heilungsprozess einzuleiten.
Langwirksame Antirheumatika unterscheiden sich von allen bisher genannten Medikamentengruppen dadurch, dass nur sie in der Lage sind, die Schäden der chronischen Entzündung beispielsweise an Gelenkknorpel oder Knochen aufzuhalten oder zumindestens zu verringern. Einige langwirksame Antirheumatika sind im günstigsten Falle außerdem sogar in der Lage, im Falle von bereits eingetretenen Gelenkschäden eine Reparatur einzuleiten und die Rückbildung von bereits eingetretenen Veränderungen zu unterstützen.
Langwirksame Antirheumatika wirken oft nicht sofort, sondern sind häufig langsam wirkende Antirheumatika. Sie sind damit keine kurzfristig einzusetzenden Medikamente, sondern langfristig wirkende Antirheumatika.
Wie alle vorgenannten Medikamentengruppen haben sie langfristig eine positive Auswirkung auf die entzündlich bedingten Schmerzen, außerdem führen sie wie die nicht-steroidalen Antirheumatika zu einer Rückbildung der lokalen Entzündungszeichen, dies allerdings erst mittel- und langfristig. Mit Cortison gemeinsam haben sie (bei allerdings auch hier erst langsam eintretender Wirkung) einen positiven Effekt auf die systemische Entzündung und führen zu einer Normalisierung der im Blut messbaren Entzündungswerte. Da langwirksame Antirheumatika aber einen ganz anderen Wirkmechanismus als Cortison haben, geht dieser positive Effekt nicht mit den cortisontypischen Nebenwirkungen einher.
Die wichtigsten langwirksamen Antirheumatika mit Beispielen für Handelsnamen sind (in alphabetischer Reihenfolge, häufig verwendete Abkürzungen in Klammern):
Azathioprin (AZA): z.B. Imurek, Azathioprin medac
Chloroquin (CQ): z.B. Resochin
Ciclosporin = Ciclosporin A (CsA): Sandimmun, Sandimmun optoral
Cyclophosphamid (Ctx, CYC). z.B. Endoxan
Gold in Spritzenform, .parenterales Gold. (AUp): z.B. Tauredon (Natriumaurothiomalat)
Gold in Tablettenform, .orales Gold. (AUo): z.B. Ridaura (Auranofin)
Hydroxychloroquin (HCQ) : z.B. Quensyl
Leflunomid (LEF): Arava
Methotrexat (Mtx): z.B. Lantarel
Sulfasalazin, Salazosulfapyridin (SASP): z.B. Azulfidine RA, Pleon RA, sulfasalazin medac
Die derzeit am häufigsten in der Rheumatologie eingesetzten langwirksamen Antirheumatika sind Sulfasalazin (z.B. Azulfidine RA, Pleon RA, sulfasalazin medac), Methotrexat (z.B. Lantarel) und Leflunomid (Arava). Das früher als „Goldstandard“ angesehene intramuskulär verabreichte Gold (Natriumaurothiomalat, z.B. Tauredon) hat in letzter Zeit zunehmend an Bedeutung verloren, allerdings nicht wegen seiner auch im Vergleich mit den neuen Substanzen immer noch hervorragenden Wirksamkeit, sondern vor allem einer erhöhten Nebenwirkungsrate.
Eine Sondergruppe innerhalb der langwirksamen Antirheumatika ist die neue Substanzklasse der biologischen Medikamente. Sie umfasst derzeit die Gruppe der TNF-alpha-Blocker und die Interleukin-1-Blocker (IL-1-Blocker). Beide Medikamentengruppen greifen, wenn auch auf unterschiedliche Weise, in Schlüsselprozesse bei der rheumatischen Entzündung ein, indem sie körpereigene Botenstoffe (sogenannte Zytokine) hemmen und dadurch die Entzündung herunterregulieren.
Die derzeit in Deutschland zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassenen biologischen Medikamente sind die TNF-Blocker Etanercept (Enbrel) und Infliximab (Remicade) sowie der IL-1-Blocker Anakinra (Kineret).
Krankheitskontrollierende Substanzen (DCARD`s, disease controlling antirheumatic drugs)
Krankheitskontrollierende Therapien (angloamerikanisch: DCARD´s, disease controlling antirheumatic drugs) sind eine völlig neue Medikamentenklasse bei der Behandlung rheumatischer Erkrankungen. Bislang wurden alle "Basismedikamente" als DMARD´s registriert, d.h. "disease modifying antirheumatic drugs" (krankheitsmodifizierende Medikamente). Man geht davon aus, dass DMARD´s in der Lage sind, den Verlauf einer rheumatischen Erkrankung nachhaltig günstig zu beeinflussen, jedoch oft nicht in der Lage sind, die Krankheit völlig zu stoppen. Ein DCARD ist ein Medikament, das in der Lage ist, die Krankheitsaktivität komplett zu kontrollieren und das Fortschreiten der Erkrankung vollständig zu hemmen.
Grundlage der neuen Klassifikation sind Ergebnisse aktueller Studien, die zeigen, dass es bei der rheumatoiden Arthritis unter der Behandlung mit TNF-alpha-Blockern wie Etanercept (Enbrel) oder Infliximab (Remicade) zu einem völligen Stillstand der Erkrankung kommen kann.
Ausführliche Informationen zu diesen Therapien finden Sie unter den entsprechenden Rubriken in rheuma-online oder auch in unserem neuen TNF-alpha-Informationszentrum TIZ (http://www.tiz-info.de), wo auch online kostenlos Broschüren über die rheumatoide Arthritis und die modernen therapeutischen Möglichkeiten abgerufen werden können.
Spezialisten für die Behandlung rheumatischer Erkrankungen sind internistische Rheumatologen, die auch die Therapie mit Leflunomid (Arava) gut kennen und in der Regel kein Problelm damit haben sollten, dieses Medikament zu verschreiben.