Eine junge Frau wird nach Ausschluß anderer Ursachen für unklares Fieber
wegen typischer Symptomatik mit Prednisolon 100mg/d behandelt, darunter
sank das Fieber innerhalb eines Tages von 39° auf normal.

Wie lange wird behandelt ?
In welcher Dosierung, wie wird diese im Verlauf angepaßt ?
Kommen andere Therapeutika zum Einsatz ?

Bitte um ausführliche Antwort, da in der Literatur nur wenig Infos zu
erhalten sind.
Vielen Dank im Voraus


Zum Still-Syndrom des Erwachsenen zunächst die entsprechende Passage aus Rheuma von A-Z:

*Still-Syndrom des Erwachsenen## *Still-Syndrom im Erwachsenenalter## *adulter M. Still## *Still-Syndrom des Adulten##

Das Still-Syndrom des Erwachsenen ist eine sehr seltene Erkrankung. Sie wurde erst in den 70er Jahren von dem englischen Rheumatologen Bywaters beschrieben und ist bis heute den meisten Ärzten nicht bekannt. Sie ähnelt dem --->Still-Syndrom beim Kind. Beim Still-Syndrom des Erwachsenen kommt es allerdings nicht zum Auftreten einer Regenbogenhautentzündung (--->Iritis) und nicht zu einer --->Amyloidose. Typischerweise, allerdings nicht notwendigerweise beginnt ein Still-Syndrom des Erwachsenen mit einer stark schmerzhaften Rachenentzündung (--->Pharyngitis), allerdings sieht der Arzt nur sehr wenig oder sogar gar keinen krankhaften Befund, wenn er in den Rachen hineinschaut. Diagnoseleitend für ein Still-Syndrom im Erwachsenenalter ist die sogenannte Trias (Tri = lat. 3; d.h. das Zusammenkommen von 3 Krankheitszeichen):

1. Hohes Fieber mit einer Spitze am späten Nachmittag

2. Hautausschlag, in etwa lachsfarben, der in der Regel nicht juckt, oft nur ziemlich kurz erscheint, häufig in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der nachmittäglichen Fieberspitze, und der oft mit einer allergischen Reaktion verwechselt wird, z.B. auf ein Arzneimittel (sogenanntes ---> Arzneimittelexanthem). Dieser Hautausschlag ist manchmal so flüchtig, daß er entweder ganz übersehen wird oder daß ihm keine Bedeutung beigemessen wird, vor allem auch nicht im Hinblick auf die Diagnose (dabei ist gerade dieser Hautausschlag in Verbindung mit dem Fieber manchmal der entscheidende Befund, der einen auf die richtige diagnostische Fährte bringt)

3. Gelenkschmerzen (---> Arthralgien) oder Gelenkentzündungen (--->Arthritis). Dabei sind oft Gelenkentzündungen, vor allem auch Gelenkschwellungen (d.h. eine typische Arthritis), zu Krankheitsbeginn nicht vorhanden. Manchmal tritt die Arthritis erst einige Wochen, z.T. sogar erst Monate später auf.

Weitere wichtige Symptome und Befunde sind wie beim Still-Syndrom des Kindes:

- eine starke Erhöhung der ---> Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und anderer Entzündungswerte im Blut, z.B. eine starke bis sehr starke Erhöhung des c-reaktiven Proteins

- eine starke bis sehr starke, manchmal extreme Erhöhungen der Zahl der weißen Blutkörperchen (--->Leukozyten) im Blut (--->Leukozytose). Beim Still-Syndrom des Erwachsenen erreicht die Zahl der weißen Blutkörperchen dabei allerdings selten so hohe Werte wie beim Kind. Insbesondere sind sogenannte --->leukämoide Reaktionen sehr selten

- eine Vergrößerung von Leber und Milz

- das Auftreten von Lymphknotenschwellungen in vielen Körperregionen (\"generalisierte Lymphadenopathie\")

- Entzündungen von Rippenfell (---> Pleuritis) und Herzbeutel (---> Perikarditis)

Für die Diagnose eines Still-Syndroms im Erwachsenenalter gibt es Diagnosekriterien, nach denen die Diagnose gestellt wird. Sind nicht alle Kriterien erfüllt, deutet aber sonst sehr vieles auf die Erkrankung hin, spricht man von einem inkompletten (\"unvollständigen\") Still-Syndrom.

Ein Still-Syndrom des Erwachsenen beginnt oft als Fieber unklarer Ursache und bereitet dann vor allem dem Nicht-Rheumatologen große diagnostische Schwierigkeiten. Selbst für internistische Rheumatologen ist die Diagnose aber manchmal schwierig, da die Erkrankung so selten ist, daß nur Schwerpunkteinrichtungen, die im Jahr eine große Zahl von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen behandeln, überhaupt selber eine größere Anzahl, d.h. mehr als einen oder zwei Patienten mit Still-Syndrom des Erwachsenen überblicken (d.h. im Laufe einiger Jahre selber betreut haben und nicht nur aus Büchern oder von Vorträgen kennen).

Die Therapie des Still-Syndroms des Erwachsenen hängt sehr vom Einzelfall ab. Im Gegensatz zu der seinerzeit noch vom Erstbeschreiber Bywaters (s.o.) geäußerten Auffassung ist das Still-Syndrom sehr häufig keine harmlose Erkrankung, die sich mit --->cortisonfreien Entzündungshemmern gut beherrschen läßt. Vielmehr kennen wir eine Anzahl von Patienten mit äußerst hartnäckigen und schwer zu beeinflußbaren Krankheitsverläufen, bei denen wir zunächst nur durch die Gabe relativ hoher Cortisonmengen die hohe Entzündungsaktivität senken konnten und diese Cortisonmenge erst durch eine recht aggressive langwirksame antirheumatische Therapie (---> langwirksame Antirheumatika) abbauen konnten.

Letztes update: 29/08/99

Wir haben eine verhältnismäßig große Zahl von Patienten mit einem adulten M. Still selber gesehen, z.T. noch in unserer Hannoveraner Zeit an der MHH, und auch mehrere Patienten mit dieser Erkrankung derzeit in unserer kontinuierlichen Mitbehandlung im Rheinischen Rheumazentrum.

Die Differentialtherapie ist sehr schwierig und von Einzelfall zu Einzelfall stark unterschiedlich. Wir beginnen derzeit im ersten Schritt bei allen Patienten mit hohem Steroidbedarf mit einer langwirksamen antirheumatischen Therapie mit Methotrexat (15 mg/ Woche i.v.). Mit dem langsamen Wirkungseintritt dieser Therapie können die Steroide parallel gesenkt werden. Oft reicht aber Mtx alleine nicht aus, um zu einer vertretbaren Steroiddosis zu kommen. Analog zur Therapie der chronischen Polyarthritis kann eine Kombination Mtx - Ciclosporin versucht werden. Eine Patientin von uns sprach nicht gut auf eine starke Immunsuppression an, sondern viel besser auf Gold (Tauredon nach dem üblichen Schema). Zum Teil wird beim adulten Still auch Azathioprin eingesetzt. Ich halte allerdings nicht viel davon, da bei den Patienten, die ich gesehen habe, die Wirkung nicht sehr überzeugend war.

Die Steroidreduktion richtet sich nach der Symptomatologie und den Laborparametern, wobei man schon relativ rasch versuchen sollte, von so hohen Dosen wie 100 mg Prednisolon-Äquivalent wegzukommen.

ggf. telefonische Kontaktaufnahme:

Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer
Rheinisches Rheumazentrum
02150 - 917 174 (Frau Van Volxem)