Yersinien
Eine von Alexandre J.E. Yersin, einem französischen, in Hongkong lebenden Bakteriologen entdeckte Bakterienart. Neben Yersinia pestis (dem Erreger der Pest) gibt es die Untergattung Yersinia pseudotuberkulosis, den Erreger eine tuberkuloseähnlichen Erkrankung, sowie Yersinia enterocolitica. Yersinia enterocolitica hat in unseren Regionen sein natürliches Reservoir in den Schweinen und wird auf den Menschen z.B. durch unzureichend geräuchertes Schweinemett oder anderes, nicht ausreichend erhitztes Schweinefleisch übertragen. Bei Kindern führt eine Infektion mit Yersinia enterocolitica zu Durchfällen. Beim Erwachsenen können ebenfalls Durchfälle auftreten, oft kommt es aber zu einem appendizitis-artigen Krankheitsbild (Appendizitis = "Blinddarmentzündung") mit einen Tag oder einige Tage dauernden Schmerzen im rechten Unterbauch. Begleitend können Hauterscheinungen auftreten (Erythema nodosum), nach einem freien Intervall außerdem Gelenkentzündungen (infektreaktive Arthritiden, Yersinien-induzierte Arthritis).
Diagnostik einer Yersinien-Infektion:
Wenn eine Yersinien-Infektion mit Durchfällen einhergeht, sind die Bakterien zu Anfang im Stuhl nachweisbar; mit Verschwinden der Durchfälle gelingt es dann allerdings in der Regel nicht mehr, Yersinien aus dem Stuhlgang anzuzüchten und auf diese Weise die Yersinien-Infektion zu beweisen.
Zur Diagnostik einer Yersinieninfektion werden deshalb dann vorzugsweise serologische Nachweisverfahren / Blutuntersuchungen durchgeführt. Mit diesen Untersuchungen wird geschaut, ob der Körper im Rahmen der Infektionsabwehr sogenannte Antikörper gegen Yersinien gebildet hat. Dazu stehen mehrere Methoden zur Verfügung.
Früher wurde die sogenannte KBR (Komplement-Bindungs-Reaktion) verwendet; bei einigen Labors sieht man sie sogar heute noch.
Die KBR-Methoder eignet sich besonders zu Anfang einer Yersinien-Infektion, da sie die IgM-Antwort des Körpers auf Yersinien erfaßt (Immunglobuline). Der Nachteil der Methode besteht darin, daß IgM-Antikörper bei einer Yersinien-Infektion nach 4 bis 8 Wochen aus dem Blut verschwinden. Danach sind nur noch IgA- und IgG-Antikörper nachweisbar. Der KBR-Test kann deshalb nur in einem schmalen diagnostischen Fenster eine Aussage machen.
Bei einer Yersinien-Infektion bildet der Körper (wie im übrigen auch bei anderen Infektionen) zunächst IgM-Antikörper gegen die Erreger. Dies geschieht in den ersten Tagen, im Durchschnitt lassen sich IgM-Antikörper erstmals etwa nach einer Woche nachweisen. Im weiteren Verlauf verschwinden die IgM-Antikörper dann und werden durch IgG- und IgA-Antikörper abgelöst. Nach etwa 6-8 Wochen sind keine IgM-Antikörper mehr nachweisbar. Dies bedeutet für die serologische Diagnostik durch Blutuntersuchungen, daß sie gleich zu Anfang der Infektion, d.h. innerhalb der ersten Woche, noch „falsch-negativ“ sein kann, d.h. das Ergebnis der Blutuntersuchung ist negativ und sagt fälschlicherweise aus, daß keine Yersinien-Infektion vorliegt; ebenso kann sie bei Untersuchungen, die auf dem IgM-Nachweis beruhen, nach einem Zeitraum von 6-8 Wochen ebenfalls wieder falsch-negativ sein, da dann die IgM-Antikörper bereits verschwunden sind.
Im Fall einer Yersinien-induzierten Arthritis ist der KBR-Test deshalb in der Regel nicht geeignet. Da eine Yersinienarthritis in der Regel erst 2 bis 4 Wochen nach Beginn der startenden Yersinieninfektion auftritt, kommt man beim Auftreten der Arthritis mit der KBR-Methode meistens zu spät. Erschwerend kommt hinzu, daß meistens viel Zeit vergeht, bis Patienten mit einer Gelenkentzündung zum ersten Mal von einem Rheumatologen gesehen werden. Der negative Befund eine KBR-Methode schließt eine durchgemachte Yersinien-Infektion nicht aus. Da sie im Regelfall ohnehin zu spät kommt, haben die meisten Rheumatologen diese Methode ganz verlassen.
Verbesserter Möglichkeiten zur Yersiniendiagnostik bieten die sogenannten ELISA-Methoden. Damit kann Yersinien-spezifisches IgM, Yersinien-spezifisches IgG und Yersinien-spezifisches IgA unterschieden werden. Oft ist mit der ELISA-Methode ebenso wie mit der KBR das Yersinien-spezifische IgM nicht mehr nachweisbar (was mit hoher Wahrscheinlichkeit eine frische Yersinieninfektion beweisen würde). Mit dem Nachweis von Yersinien-spezifischem IgG kann eine Yersinien-Infektion zwar auch bewiesen werden, ein positiver IgG-Wert sagt aber nichts darüber aus, wann die Infektion genau stattgefunden hat und ob sie überhaupt noch aktiv ist. Ein positiver IgG-Nachweis gegen Yersinien lässt keine definitive Ausage darüber zu, wann die Infektion erfolgt ist und ob der Antikörper nur noch eine Folge einer früher durchgemachten und jetzt abgeheilten Infektion ist oder ob noch eine aktive Infektion besteht. So können auch nach einer erfolgreich behandelten und ausgeheilten Yersinieninfektion Yersinien-IgG-Antikörper noch für eine längere Zeit nachweisbar sein. Hohe Yersinien-IgA-Antikörper deuten allerdings auf eine noch vorhandene Infektion, beweisen sie letztendlich aber auch nicht.
Es stehen für die differenzierte Yersinien-Diagnostik sogenannte Westernblot- oder Immunoblot-Verfahren zur Verfügung, mit denen man bei der Antikörperdiagnostik Antikörper gegen einzelne Bestandteile der Yersinien nachweisen kann. Wie bei den ELISA-Methoden werden solche Blots auch getrennt für IgM, IgG und IgA durchgeführt. Sie dienen zum einen als sehr genaue Bestätigungstests. Zum anderen helfen sie bei der Beurteilung, ob eine noch floride, behandlungsbedürftige Infektion vorliegt oder der positive serologische Befund ledig Ausdruck einer „Seronarbe“, d.h. einer früheren, abgelaufenen und nicht mehr behandlungsbedürftigen Infektion ist.
Genauerer Verlauf:
Nach 14 Tagen sind Yersinien im Stuhl wahrscheinlich nicht mehr nachweisbar, im Blut müßte man im ELISA jetzt IgM-Antikörper gegen Yersinien sehen; IgG-Antikörper gegen Yersinien müßten (noch) nicht oder nur schwach positiv sein, selbiges gilt für IgA-Antikörper. Im Verlauf müßten dann die IgM-Antikörper gegen die Yersinien innerhalb von etwa 4-6 Wochen verschwinden; IgG-Antikörper müßten dann ansteigen und bleiben lange positiv. Für die IgA-Antikörper gilt zunächst das gleiche. Wenn sie allerdings im Verlauf nicht abfallen und verschwinden, ist das ein Hinweis auf eine anhaltende Infektion.
Literatur:
Mehr Erreger-Typen:
Clinical features of patients with novel Yersinia species.
Loftus CG, Harewood GC, Cockerill FR 3rd, Murray JA.
Division of Gastroenterology and Hepatology, Mayo Clinic, Rochester, Minnesota 55905, USA.
Dig Dis Sci. 2002 Dec;47(12):2805-10.